Salzburg – Ein dramatisches Oratorium. Eine Oper ohne Szene, aber keine konzertante Oper: Felix Mendelssohn Bartholdys Elias sitzt nicht nur zwischen Jahwe und Baal zwischen allen Stühlen. Pablo Heras-Casado am Pult der Camerata Salzburg hat bei der Mozartwoche das vielfach gebrochene "hochromantische" Werk aus der Perspektive des Klangredners in den Blick genommen, auf jegliches Streichervibrato verzichtet und immer wieder mit Extremen in der Agogik aufhorchen lassen.

Das war immer spannend, wenn auch im ersten Teil nicht immer organisch. Den betrachtenden Chorpassagen fehlte es gelegentlich an Drive, von klangrednerischer Brillanz und Pointiertheit waren dagegen die dramatischen Dialogpassagen.

Christopher Maltman sang den Elias: ein Prophet, der wütet und tobt, verzweifelt und zagt, tröstet und hofft, ein Virtuose, der alle emotionalen Extreme mit deklamatorischer Souveränität und Textverständlichkeit gestaltet. Maltman ruft, Gott spurt. Der Knabe auf dem Ausguck, eine Sopranistin aus dem Bachchor, war Elias' Gegenspieler im grandiosen Finale im Schaukampf um Feuer und Wasser mit den Baal-Priestern. Dass er diese niedermetzeln lässt, ist keine Lösung für heutige Konflikte, doch sonst hat Maltman mit seiner vielschichtigen Gestaltung aus dem bärtigen Propheten einen zerrissenen modernen Menschen herausgeschält.

Werner Güra sang die Tenorpassagen mit Strahlkraft, Christiane Karg die Sopranpartie. Die Mezzosopranistin Katharina Magiera begeisterte mit ruhe- und klangvoller Kantilene. Ein Höhepunkt ihr Arioso "Ich wollte sie wohl erlösen". Der Salzburger Bachchor zeigte sich einmal mehr in Bestform mit Homogenität und Durchschlagskraft in allen Lautstärken und allen Lagen. (Heidemarie Klabacher, 27.1.2016)