Visa Europe hat vor der Megafusion mit seinem Schwesterunternehmen Visa Inc. einen Rekordumsatz von 2,3 Mrd. Euro erzielt – ein Plus von 25 Prozent. Auch in Österreich ist der Kreditkartenanbieter kräftig gewachsen. Visa-Europe-Östereich-Chef Kurt Tojner hofft auf einen weiteren Umsatzschub durch die Registrierkassenpflicht und will im Bankomatkarten-Markt Fuß fassen.

In Österreich sind derzeit 1,8 Millionen Visa-Karten im Umlauf, der allergrößte Teil davon sind Kreditkarten, sagte Tojner zur APA. Der Anteil der sogenannten Debitkarten (Bankomatkarten) von Visa (V-Pay) ist verschwindend gering, denn die Austro-Geldhäuser arbeiten mit dem Konkurrenten MasterCard zusammen. Bei praktisch jeder Bank bekommen Kunden eine Maestro-Karte von MasterCard.

Registrierkassenpflicht

"Das ist eine langwierige Geschichte. Die Debitkarte ist die Nabelschnur des Kunden zum Konto", so Tojner. Visa habe aber das erklärte Ziel, auch in dieses Segment vorzudringen, man sei bereits in konkreten Verhandlungen mit einer österreichischen Bank. Deren Kunden sollen dann also eine V-Pay-Karte als Bankomatkarte erhalten. Details verriet Tojner nicht.

Die Registrierkassenpflicht soll Visa heuer zupasskommen. Tojner hofft, dass vor allem Kleinunternehmer, die sich jetzt eine Registrierkasse anschaffen müssen, sagen: "Dann nehm ich das Kartenterminal gleich mit." Bis dato rechne sich ein solches für Kleinsthändler oft nicht. Es gebe aber günstige, mobile Kombilösungen für Registrierkasse und Kartenzahlung in einem. Diese könnten auch für Marktstandler interessant sein, so Tojner.

Vom möglichen Sicherheitsleck, das in Deutschland seit Tagen für Schlagzeilen sorgt, sind auch österreichische Karteninhaber betroffen. Die zur Telekom Austria gehörende paybox Bank habe rund 2.000 Karten ausgetauscht, sagte Tojner. In Deutschland hat bereits die Commerzbank 15.000 Karten getauscht, weil sie von Kreditkartenfirmen Hinweise bekommen hatte, dass Dritte unberechtigt in den Besitzen von Kreditkartendaten gelangt sein könnten.

"Die Transaktionen wurden noch nicht durchgeführt"

"Die Transaktionen wurden noch nicht durchgeführt", betonte Tojner. "Es gab lediglich Autorisierungsversuche, wo unsere Fraud-Systeme angeschlagen haben." Letztendlich obliege es der Bank zu entscheiden, ob sie die Karten "proaktiv" austauscht.

In Europa und auch in Österreich sei die Betrugsrate seit Jahren niedrig: Pro 100 ausgegebenen Euro gingen 5 Cent verloren.

Die Österreicher haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 72,5 Millionen mal direkt an der Verkaufsstelle mit einer Visa-Karte gezahlt, ein Plus von 11 Prozent. Die Gesamtausgaben mit Visa-Karten stiegen "nur" um 8,4 Prozent auf 6,9 Mrd. Euro. Der Grund für die Schere: Der durchschnittliche Betrag pro Einkauf sank etwas von 90,7 auf 88,2 Euro.

Im Online-Handel war der durchschnittliche Kaufbetrag mit 75 Euro geringer. Der E-Commerce-Anteil wuchs vergangenes Jahr von 1,83 Mrd. auf mehr als 2 Mrd. Euro.

Im Schnitt haben Visa-Karten-Inhaber 41 Transaktionen pro Jahr durchgeführt.

Geht es nach Tojner, sollen es noch mehr werden. Österreich sei noch immer eher ein Land des Bargelds, aber es gebe einen langsamen "Prozess einer Kulturveränderung". Was die Kosten betrifft, sei der elektronische Zahlungsverkehr jedenfalls günstiger als Bargeld. Das Argument, dass man ohne Cash leicht den Überblick über seine Ausgaben verliere, lässt der Kreditkartenmanager nicht gelten. "Wenn das Geldtascherl leer ist, weiß ich nicht, wohin die 50 Euro so schnell sind. Aber am Kontoauszug sehe ich klar, wofür ich mein Geld ausgegeben habe."

Schwarzgeld

Das Thema Schwarzgeld, das die derzeitige Diskussion über die Abschaffung des Bargelds dominiert, ist für Tojner eher ein "nachgelagertes".

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos hatte Deutsche-Bank-Chef John Cryan mit der Aussage, Bargeld helfe nur noch Kriminellen und Geldwäschern, die Bardgeld-Debatte neu angeheizt.

Dass die Österreicher so bardgeld-affin sind, liege auch an den vielen Bankomaten hierzulande, meint der Visa-Österreich-Chef. In Skandinavien müsse man mitunter 50 Kilometer fahren, um an Bargeld zu kommen. Der Betrieb der Geldausgabeautomaten sei für Banken sehr teuer. Durch die vielen Bankfilialschließungen dürfte die Bankomatzahl schrumpfen.

"Nicht wirklich angekommen" sei in Österreich das zum Beispiel in Großbritannien boomende "Cash back" im Supermarkt – also Bargeldabheben direkt beim Bezahlen des Einkaufs. Eine Analyse von Fokusgruppen habe gezeigt, dass die Österreicher erstens die Kassenschlange so wenig wie möglich aufhalten möchten und zweitens Angst hätten, beobachtet zu werden, sagte Tojner.

Das kontaktlose Bezahlen via NFC-Technologie werde dagegen gut angenommen. Mittlerweile seien mehr als 1 Million Visa-Karten mit Kontaktlosfunktion ausgestattet. 75 Prozent aller Transaktionen unter 25 Euro – dafür braucht man keine PIN einzugeben – würden kontaktlos bezahlt, so Tojner. (APA, 27.1. 2016)