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Eine Mehrheit für Donald Trump sieht der republikanischen Publizist Ramesh Ponnuru – anders als die Trump-Unterstützer im Bild – zwar nicht. Seinen Aufstieg hält er aber für nachvollziehbar.

Foto: Reuters / Nick Oxford

Wien – Er sei natürlich befangen, hält Ramesh Ponnuru gleich zu Beginn fest, wenn es um die republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber geht. Seine Frau April arbeitet für die Wahlkampagne von Jeb Bush, mit Ted Cruz ist er aus gemeinsamen Studententagen befreundet. Bobby Jindal, der seine Präsidentschaftsambitionen mittlerweile begraben hat, sah der indischstämmige katholische Republikaner Ponnuru als seinen "demografischen Zwilling". Und wenn nun auch noch Michael Bloomberg ins Rennen gehe, müsse er einen vierten Disclaimer hinzufügen, sagte Ponnuru Dienstagvormittag in Wien. Denn für dessen "Bloomberg View" schreibt der ausgewiesene Kenner republikanischer Befindlichkeiten eine Kolumne.

Dass es dazu kommen wird, glaubt Ponnuru aber nicht. "Michael Bloomberg ist kein Mann, der leichtfertig sein Geld verschleudert", sagt er. "Und Chancen kann er sich allenfalls dann ausrechnen, wenn das Duell etwa Trump gegen Sanders lautet." Auch davon aber geht Ponnuru nicht aus. Wenn nicht etwas völlig Außergewöhnliches passiere – "Wenn Hillary nicht wegen irgendwelcher Angelegenheiten im Gefängnis landet", wie Ponnuru es ausdrückt –, werde Hillary Clinton wohl für die Demokraten ins Rennen gehen.

"Die Menschen sind sauer, und das schon seit Jahren"

Etwas anders sei die Sache mit Donald Trump, der als einziger Bewerber aufseiten der Republikaner die Grundstimmung im Land richtig erkannt habe. "Die Menschen sind sauer, und das schon seit Jahren." Viele seien nicht einverstanden mit der Außenpolitik und vor allem mit der wirtschaftlichen Lage. "Die Leute haben den Eindruck, es sei noch nie so leicht gewesen, aus der Mittelklasse abzusteigen. Und noch nie so schwer, in die Mittelklasse aufzusteigen." Weil Trump als Einziger diese Stimmung anspreche, brauche er kaum konkrete Lösungen anzubieten. "Er muss eigentlich nur sagen, Politiker aller Seiten seien inkompetent und schwach, er selbst aber habe einen fantastischen Plan für den Aufstieg, der das Land wieder stark und großartig machen werde. Es ist schwer, ihn zu karikieren, denn er sagt diese ganzen Dinge ja tatsächlich so plump."

Dennoch ist Ponnoru bei Trumps Chancen weiterhin skeptisch. In den Umfragen werde der einstige Außenseiter vermutlich überschätzt. "Da, wo auch seine Konkurrenten in den Medien präsent sind" – also etwa in den Bundesstaaten Iowa und New Hampshire, wo am 1. und 9. Februar die erste Vorwahlrunde stattfindet –, "ist sein Vorsprung wesentlich geringer." Zudem sei unklar, wie viele Trump-Unterstützer tatsächlich zu den Urnen gehen würden. "Seine Anhänger kommen aus den Schichten, die nicht typischerweise zur Wahl gehen." Außerdem werde sich die Zahl der Konkurrenten schnell reduzieren. Dann trete Trump nur noch gegen drei oder vier andere Bewerber an. "Nur etwa die Hälfte der republikanischen Wähler halten ihn für einen auch nur akzeptablen Kandidaten. Das ist keine große Zustimmung."

"Es gibt keine Reaktion auf die Anliegen der Menschen"

Klar sei aber, dass sich – nicht nur bei den Republikanern – die Eliten von großen Schichten der Wählerschaft entfernt hätten. "Die Menschen haben den Eindruck, es gibt keine Reaktion der Politiker auf ihre Anliegen." Im Vordergrund stünden symbolhafte Themen wie Wahlkampffinanzierung, Ehe für alle, Klimawandel, Waffenkontrollen. "Keines dieser Themen ist unwichtig. Aber alle sind für die Leute viel weniger wichtig als Jobs und Löhne." Und dazu habe keine der Parteien in den vergangenen Jahren viele Vorschläge präsentiert.

Paradebeispiel aus Sicht der Republikaner sei dabei die Frage der Einwanderung. Nur eine Minderheit der Republikaner – und eine Minderheit aller Wähler – sei für mehr Einwanderung. Trotzdem seien bis zu Trumps Bewerbung alle republikanischen Kandidaten genau dafür eingetreten. "Die Leute hatten den Eindruck, sie würden ausgeschlossen. Dass eine Debatte über dieses Thema niedergehalten werden sollte." Und bis zu einem gewissen Grad gingen die Interessen von Geldgebern und Wählern auch tatsächlich auseinander, sagt Ponnuru: "Die Spender sehen sich natürlich nicht als mögliche Konkurrenten niedrigqualifizierter Einwanderer. Sie sehen sich als Arbeitgeber niedrigqualifizierter Einwanderer." Genau jene Amerikaner, die nun einen Verdrängungswettbewerb fürchten, seien aber spätestens seit den 80er-Jahren in den traditionellen Wählerschichten der Republikaner zu finden – und nun in jenen von Donald Trump. (Manuel Escher, 26.1.2016)