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Am 27. Jänner 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit.

Foto: ap/Jens Meyer

Wer A sagt, muss auch B sagen. Wir gedenken der Befreiung von Auschwitz, das ein Synonym für die industrielle Massenvernichtung der Juden und die geplante Tötung von Roma, Sinti, von Menschen mit Behinderung geworden ist, von ... – die Liste ist so lang wie das Alphabet. Am 27. Jänner ist B – B wie Befreiung – an der Reihe, und dabei dürfen wir nicht den Anfang vergessen, den Antisemitismus.

Auf A folgt im Alphabet B. Und in der Erinnerungsrechnung? In den politischen Entwicklungen gibt es keine zwangsläufigen Gesetzmäßigkeiten. Das heißt, es gibt Abzweigungsmöglichkeiten, Entscheidungsspielräume, Handlungsvarianten. Wer A sagt, muss nicht B meinen. Das ist keine Entschuldigung für Rassismus. H&C kommen später im Alphabet.

Erinnerung und Gegenwart

Ist es zynisch, sich zu erinnern in einer Zeit, in der die Brutalität und die Menschenverachtung wieder Fahrt aufnehmen in Richtung Abgrund? Lenkt Erinnerung nicht ab von der Gegenwart? Das Lernen aus der Geschichte ist so wirkungslos wie das Unterrichtsprinzip politische Bildung. Wer A sagt, muss auch B sagen.

Wir betrachten die Geschichte von ihrem Ende. Am Anfang stand die Weigerung aller Länder, die verfolgten Jüdinnen und Juden aufzunehmen. Zurückgeschickt in den sicheren Tod. Wie hieß doch das Schiff? Richtig: St. Louis. 1.000 Jüdinnen und Juden wurde die Einreise in die USA verweigert. Und wie war doch der Name der Konferenz im Juli 1938? Évian. Die Aufnahmebereitschaft der Länder für Verfolgte hielt sich in engen Grenzen. Das war ein mörderischer Anfang der Herzlosigkeit und der Mitschuld. Unvergessen soll dies sein.

Geschichte wiederholt sich nicht. Vergleiche sind nicht angebracht. Aber auch die Diskussion über Quoten hat Geschichte. Wichtiger als die Erinnerung ist das Bemühen, alles zu unternehmen, damit unsere Gegenwart nicht eine Geschichte wird, für die wir uns schämen müssen. (Robert Streibel, 27.1.2016)