Grün-Politikerin Astrid Rössler legte positiven Bescheid für Stromautobahn vor.

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Salzburg – So rasch kann es gehen: Noch vor knapp drei Jahren, im Wahlkampf für die Landtagswahlen 2013, warben die Grünen mit einem klaren Nein zur geplanten 380-kV-Freileitung der Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) quer durch Salzburg um Stimmen. Heute ist die Landesparteichefin der Grünen, Astrid Rössler, für das Umweltressort in der Landesregierung verantwortlich. Ihr Ressort hat Mitte Dezember 2015 den Bau der rund 113 Kilometer langen Leitung genehmigt und einen positiven UVP-Bescheid erlassen.

Für die in der Interessengemeinschaft Erdkabel zusammengeschlossenen Gegner der Freileitung haben die Grünen ihre Rolle als Hoffnungsträger damit verspielt. Jetzt setzt man auf das Bundesverwaltungsgericht. Noch bevor am 27. Jänner die Beschwerdefrist endet, hat die IG Erdkabel eine rund 150 Seiten starke Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht.

Eigenes Gesetz missachtet

Im Kern argumentieren die Freileitungsgegner mit dem Salzburger Landeselektrizitätsgesetz. Dort sei festgeschrieben, dass neue Leitungen in sensiblen Bereichen – sofern technisch und wirtschaftlich effizient – in Teilabschnitten als Erdkabel ausgeführt werden müssten. Diese Bestimmung sei völlig ignoriert worden, heißt es in der Beschwerde. Warum, bleibe im Bescheid völlig offen.

Der Wiener Anwalt Wolfgang List, der die Leitungsgegner vertritt, bringt zudem auch noch eine Reihe inhaltlicher Argumente gegen den Leitungsbau vor. Diverse Gutachten, auf die sich der Bescheid stütze, wären massiv fehlerhaft. Als Beispiel nennt List die angegebenen Schlägerungen. Projektbezogen würden die Rodungsflächen mit 200 Hektar angegeben, tatsächlich müssten 800 Hektar abgeholzt werden.

Vor allem aber müsse mit massiven Gesundheitsgefährdungen gerechnet werden, da die Entfernung zu wohnenden Menschen teilweise lediglich 62 Meter beträgt. In Deutschland seien 400 Meter vorgeschrieben. Zudem sei im Bescheid falsch dargestellt worden, dass die bestehenden 110- und 220-kV-Leitungen abgebaut werden würden und die neue Trasse die beiden alten ersetzen würde. Tatsächlich sei wahrscheinlich, dass die alten Leitungen als Reserve für allfällige Ausfälle bestehen bleiben.

Verfahrensdauer

Ganz anders die Industriellenvereinigung. Dort begrüßt man den vom Ressort der grünen Landeshauptmannstellvertreterin ausgestellten positiven Bescheid. Kritik übt die IV allerdings an den "überschießenden" Auflagen: "Die Leistungen werden viel zu hoch angesetzt", sagt der Salzburger IV-Chef Rudolf Zrost. So müsse die APG beispielsweise für die Renaturierung in der Weitwörther Au nördlich der Stadt Salzburg aufkommen, obwohl dies mit dem Projekt in keinerlei Zusammenhang stehe.

Noch mehr stört Zrost die Verfahrensdauer. Das UVP-Verfahren für die 380-kV-Leitung habe drei Jahre und drei Monate gedauert. In der Steiermark und in Niederösterreich wären vergleichbare Leitungen in 15 Monaten abgewickelt worden. Wenigstens jetzt müsse das Bundesverwaltungsgericht rasch – also noch heuer – entscheiden, appelliert die Salzburger IV. Die APG wolle noch 2017 mit dem Leitungsbau starten. (Thomas Neuhold, 26.1.2016)