Oslo – Auf Drängen Moskaus schickt Norwegen vorerst keine Flüchtlinge mehr über die Grenze im hohen Norden nach Russland zurück. Moskau habe das Anliegen mit "Sicherheitsinteressen" begründet, sagte der norwegische Außenminister Borge Brende am Samstag dem norwegischen TV-Sender "NRK". Russland wünsche eine "verstärkte Koordination" im Umgang mit den Flüchtlingsbewegungen an der Grenze.

Das russische Außenministerium habe am Freitag Kontakt mit Oslo aufgenommen, teilte das norwegische Außenministerium mit. Noch am Dienstag hatte die norwegische Polizei 13 Flüchtlinge nach Russland zurückgeschickt. Ähnliche Transporte waren für kommenden Mittwoch und Donnerstag geplant, wurden dann aber abgesagt.

Mit dem Rad nach Norwegen

Abseits der Haupt-Flüchtlingsroute über den Balkan entwickelte sich in den vergangenen Monaten eine deutlich kleinere Bewegung über Russland nach Norwegen. Rund 5.500 Menschen – vor allem aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und dem Iran – gelangten so in das skandinavische Land. Viele Flüchtlinge nutzten Fahrräder, weil Russland die Grenzüberquerung zu Fuß nicht zulässt und Norwegen die Fahrer von Flüchtlingstransportern als Schlepper behandelt.

Die Abschiebungen von Norwegen Richtung Russland werden von Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert. Ihren Angaben zufolge werden die Menschen jenseits der Grenze bei eisigen Temperaturen ihrem Schicksal überlassen, zudem drohe die Rückführung durch Russland in ihre oft gefährlichen Herkunftsländer.

Russisches Roulette

In Russland Asyl zu beantragen, laufe auf ein "russisches Roulette" hinaus, bemerkte der Chef der Norwegischen Organisation für Asylbewerber (Noas), Marek Linha. Die Betroffenen müssten damit rechnen, dass ihnen Schmiergeldzahlungen abverlangt würden und dass sie es mit dem russischen Geheimdienst zu tun bekämen. Von den rund 5.000 Syrern, die in den vergangenen Jahren in Russland Asylanträge stellten, wurden nur zwei anerkannt, 2900 erhielten vorläufige Aufenthaltstitel.

Norwegen ist nicht Mitglied der Europäischen Union. Es gehört aber dem Schengen-Raum an. Seit 26. November führt das Land aber Grenzkontrollen durch, um den Zuzug von Flüchtlingen zu verringern. (APA, 24.1.2016)