Wien – Die Mindestsicherung war schon vor den stark steigenden Flüchtlingszahlen ein strittiges Thema zwischen SPÖ und ÖVP. Nun ist es noch mehr in den Fokus gerückt. Wie berichtet wurde beim Asylgipfel vereinbart, Möglichkeiten zu prüfen, ob man Flüchtlinge bei der Mindestsicherung gegenüber Österreichern und sonstigen Fremden schlechterstellen kann.

Unter Federführung der Arbeitsrechtsexperten Robert Rebhahn und Wolfgang Mazal soll das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Wien dazu nun ein Gutachten erstellen. Für Mazal besteht "zweifellos Differenzierungspotenzial", er spricht aber von einer "hochkomplexen europarechtlichen Lage" und einer zum Teil widersprüchlichen Judikatur, die es nun aufzuarbeiten gelte. Laut ihm wird es in dem Gutachten nicht nur um die Mindestsicherung gehen, sondern um alle Sozialleistungen.

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Paare mit zwei oder mehr Kindern bekommen derzeit häufig mehr als 1.500 Euro Mindestsicherung. Die ÖVP plädiert daher auch hier für eine Obergrenze
Foto: ap/Christof Stache

Debatte über Deckelung

Der Salzburger Sozialexperte Walter Pfeil hatte zuvor bereits im STANDARD erläutert, dass er bei der Mindestsicherung für anerkannte Flüchtlinge zwar keine Möglichkeit einer Schlechterstellung sehe, bei subsidiär Schutzberechtigten (sie bekommen kein Asyl, dürfen aber trotzdem nicht abgeschoben werden) aber sehr wohl.

Nicht Teil des Gutachtens wird die Frage sein, ob man die Mindestsicherung mit 1.500 Euro pro Monat begrenzen kann. Dieser ÖVP-Vorschlag würde für alle – also nicht nur für Flüchtlinge – gelten. Im Sozialministerium des scheidenden Ministers Rudolf Hundstorfer (am Dienstag wird Alois Stöger angelobt) hat man nun erstmals konkrete Zahlen vorgelegt, wie viele Personen von einer derartigen Deckelung betroffen wären.

Regionale Unterschiede

Auf Basis des Jahres 2014 (Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor) zeigt sich: Von den 256.405 Mindestsicherungsbeziehern wären 68.127, also knapp 26,5 Prozent, von der Deckelung betroffen.

Regional gibt es ein paar Ausreißer: In Kärnten hätten nur 17 Prozent mit Einbußen zu rechnen, im Burgenland und Tirol wären es 21 Prozent. In den anderen Bundesländern liegt der Anteil bei 26 bis 28 Prozent. In absoluten Zahlen verteilen sich die Betroffenen folgendermaßen:

15.289 Haushalte betroffen

Als Bezieher gelten in der Statistik auch Kinder. Ein Paar mit zwei Kindern ergibt also vier Mindestsicherungsbezieher. Aussagekräftiger ist daher die Zahl der betroffenen Haushalte. Von denen gebe es laut Sozialministerium 15.289.

Insgesamt müssten somit 74 Prozent aller Paare mit zumindest zwei Kindern Verluste hinnehmen. Im Jahr 2014 bekamen auch 1333 Alleinerzieherinnen oder Alleinerzieher mit zumindest vier Kindern mehr als 1.500 Euro an monatlicher Unterstützung.

Bis zu 500 Euro Verlust

Runtergebrochen auf die einzelnen Haushalte würde der Deckel von 1.500 Euro bedeuten: Paare mit zwei Kindern würden monatlich im Schnitt 52 Euro verlieren, bei drei Kindern steigt der Verlust auf 209 Euro, bei vier Kindern auf 359 Euro und bei Familien mit fünf Kindern wären es im Schnitt sogar 510 Euro. Der Staat würde sich durch die Obergrenze von 1.500 Euro rund 47 Millionen Euro ersparen (insgesamt lagen die Ausgaben für die Mindestsicherung bei 673 Millionen Euro).

Eine Aufschlüsselung nach In- und Ausländern bzw. Flüchtlingen gibt es nicht. Da die Mindestsicherung jährlich valorisiert wird, würden die Verluste im heurigen Jahr aber zwangsweise bereits etwas höher ausfallen. Aktuell beträgt die Mindestsicherung für Einzelpersonen 837,76 Euro, bei Paaren sind es 1.256,64 Euro. Pro Kind muss es mindestens 150,80 Euro zusätzlich geben, wobei die Länder mehr zahlen dürfen. In Wien sind es rund 220 Euro pro Kind. (Günther Oswald, 25.1.2016)