Diskussion über die globalen Wachstumsaussichten in Davos.

Foto: Föderl-Schmid

Im Vorjahr kam dieses Wort fast bei jeder Diskussion auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor, heuer nur ganz selten: Grexit, der mögliche Austritt Griechenlands aus der Währungsunion. "Europas Wirtschaft ist definitiv in einem besseren Zustand als vor einem Jahr", lautete die Begründung der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, warum sie Griechenland nicht mehr zu den Risiken für die Weltwirtschaft zähle. Für heuer erwartet der IWF 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum in Europa, 1,2 Prozent in der Eurozone.

Allerdings gebe es zwei andere große Sorgen in Europa: Brexit und die Flüchtlingskrise. Aber wenn die Flüchtlingsfrage gut gemeistert werde, dann sei dies mittelfristig ökonomisch positiv für Europa, sagte Lagarde. Das gelte vor allem für Schweden und Deutschland. Das Schengensystem sehe sie persönlich am Scheideweg, ob es nun weiterbestehe oder zerbreche.

Britisches Ja nur bei gutem Deal

Zum Thema Brexit, einem möglichen Ausstieg Großbritanniens aus der EU, nahm bei der Diskussion über die globalen Wachstumsaussichten – einem der alljährigen Fixpunkte beim Forum in Davos – der britische Finanzminister George Osborne Stellung: Wenn es gelinge, eine Vereinbarung mit der EU zu treffen, die mehr Wettbewerbsfähigkeit, eigene Positionen in der Migrationsfrage und eine andere Beziehung zwischen Euro- und Nicht-Eurostaaten ermögliche, werde die Bevölkerung in einem Referendum für einen Verbleib votieren. "Wenn es kein guter Deal ist, werden wir nicht zustimmen", sagte Osborne. "Wir wollen in Europa bleiben, aber wir wollen uns nicht von Europa regieren lassen."

Zum Thema Migration sagte er, auch andere Regierungen sollten die Ängste ansprechen. "In Großbritannien ist man besorgt angesichts des Zustroms. Wir sagen, wenn man nach Großbritannien kommt, dann darf man nicht sofort Sozialleistungen in Anspruch nehmen." Die britische Regierung nennt einen Zeitraum von vier Jahren.

Wirtschaft läuft besser als 2015

Für die Weltwirtschaft erwartet der IWF ein "mäßiges und ungleiches Wachstum" mit 3,4 Prozent. Dies sei aber besser als im Vorjahr mit einer Wachstumsrate von 3,1 Prozent. Für 2017 geht der IWF von 3,7 Prozent aus.

Einer der Risiken sind nach Einschätzung Lagardes die Schwellenländer, die in den vergangenen fünf Jahren die Wachstumslokomotive gewesen seien. Während Indien heuer einen Konjunkturanstieg um 7,5 Prozent erwartet, wird in Russland und Brasilien eine negative Wachstumsrate prognostiziert.

Kapitalkontrollen in China angeregt

Die Entwicklungen in China sind ein weiterer negativer Faktor für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Nach Einschätzung des japanischen Notenbankchefs Haruhiko Kuroda wird aber die chinesische Wirtschaft keine harte Landung erleben. Seiner Ansicht nach seien möglicherweise Kapitalkontrollen notwendig, um Abflüsse zu vermeiden. Lagarde wiederholte, das, was sie schon einmal in Davos gesagt hatte: Die Märkte bräuchten mehr Klarheit, auch, wie die chinesische Regierung mit der Währung umgehe.

Nach Ansicht des Chefs der Bank Credit Suisse, Tidjane Thiam, sind die Ängste über die Entwicklungen in China der Hauptgrund dafür, "dass die Finanzmärkte den bisher schlechtesten Jahresstart hatten". (Alexandra Föderl-Schmid, 23.1.2016)