Über den nächsten bolivianischen Präsidenten entscheiden konkurrierende US-Wahlkampfhelfer: Billy Bob Thornton und Sandra Bullock haben auch eine persönliche Rechnung zu begleichen.


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Wien – Auch wer die besten Fähigkeiten besitzt, muss oft erst davon überzeugt werden, sie einzusetzen. Das US-amerikanische Kino kennt unzählige Figuren, in denen ein Potenzial für außergewöhnliche Leistungen schlummert. Ohne äußeren Anstoß fällt es ihnen nicht leicht, dies zu erkennen. Sportler, Künstler oder einfach nur guter Mensch – für den Weg nach oben oder zurück braucht es fast immer Selbsterkenntnis und Kampfgeist.

Mit der Frau, die zurückgezogen in den Bergen lebt und ihre Besucher misstrauisch beäugt, verhält es sich ähnlich. Und doch irgendwie anders, wie man in David Gordon Greens Our Brand Is Crisis (Die Wahlkämpferin) bald feststellen kann. Jane Bodine (Sandra Bullock), nach der legendären Wildwestheldin auch "Calamity" genannt – ein Beiname, der ihr offensichtlich in alten Zeiten nicht unangenehm war -, hat nämlich mit ihrer Vergangenheit als Politikberaterin abgeschlossen. Das von ihr oft genug selbst inszenierte Ränkespiel der Senatoren und angehender Präsidenten hat sie zerstört. Nicht weil es ein schmutziges Spiel ist – dessen war sich Jane immer bewusst, und sie hatte wohl auch ihre Freude daran -, sondern weil ihr über Jahre hinweg erbittertster Gegner (Billy Bob Thornton) zu einem Schlag ausgeholt hatte, von dem es nicht einmal mehr ein böses Erwachen gab.

Eine der interessanten Verschiebungen dieses Films ist zunächst jene, dass der Präsidentenwahlkampf, in den Jane verspätet einsteigt, im sogenannten US-"Hinterhof" ausgefochten wird. Bolivien steht an der Schwelle zu einer neuen Zukunft – das behaupten jene, die sich für die Stimmen des Volkes interessieren. Weshalb auch der abgeschlagene Kandidat jene beratende Hilfe braucht, die sich der in Führung liegende Populist geholt hat.

Dass das erste Aufeinandertreffen der amerikanischen Strippenzieher ausgerechnet hinter den Kulissen einer Fernsehshow geschieht, bei der die Politiker wie Marionetten ihre Phrasen in die Kameras dreschen, ist ein bezeichnender Moment, in dem auch Bullock und Thornton als ewige Konkurrenten zum Rededuell gegeneinander antreten. Diese öffentliche und private Auseinandersetzung hält Green auch im weiteren Verlauf souverän im Gleichgewicht, er interessiert sich stets vorrangig für jene Rollen, die man – nicht nur auf der Politbühne – einzunehmen gezwungen ist.

Gebrochene Versprechen

In seinem Regiedebüt George Washington, mit dem er sich vor fünfzehn Jahren als Vertreter eines neuen Realismus ins US-Kino einschrieb, wollte ein schwarzer Junge in einem Industrieort als kostümierter Superheld den amerikanischen Traum leben. Dieser Traum, von dem beinahe alle Filme Greens erzählen und dem auch Jane Bodine immer noch nachhängt, ist im eigenen Land jedoch unmöglich geworden – ein Versprechen, das so wenig erfüllt wird wie jene, die nach der Wahl gebrochen werden.

Am Ende erzählt Our Brand Is Crisis folgerichtig davon, dass der entscheidende Schritt von sich selbst wegführt: hinaus in die Welt, die man verändern möchte. Wenn auch zunächst nur als ein Gesicht in der Menge. (Michael Pekler, 22.1.2016)