Anfang 2013 wurde der Architekt und Generalplaner des Stadthallenbades gekündigt.

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Im September des Vorjahres wurden die PPP-Projekte der Stadt Wien mit dem Planlos-Award der IG Architektur ausgezeichnet und der "Rückzug der öffentlichen Hand aus der inhaltlichen Verantwortung" sowie die langfristig höheren Kosten kritisiert (der STANDARD berichtete).

Geändert dürfte sich seither nicht viel haben: "In bestimmten Fällen" beobachte man bei Bauprojekten der öffentlichen Hand einen "Verlust der Planungs- und Auftraggeberkultur", kritisierte Bernhard Sommer, Vizepräsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Drei Fehlerquellen

Zwar war man am Podium betont bemüht, die Stadt Wien als "verantwortungsvolle und besonders kompetente Partnerin" hervorzuheben – man beobachte jedoch gleichzeitig mit Sorge den "Verlust der Planungs- und Auftraggeberinnenkultur".

Drei Fehlerursachen machte Sommer aus: Einerseits eine mangelnde Projektvorbereitung bei Baustart – also zu einem Zeitpunkt, wo weder die Finanzierung der Projekte in vollem Umfang gesichert noch deren Planung hinreichend abgeschlossen ist.

Änderungswünsche – im Fall von Spitälern etwa von Ärzten – würden dann die Kosten erhöhen und die Planungs- und Bauphase deutlich verlängern. Im Unterschied dazu würden Projekte im anglo-amerikanischen Raum zu Ende gedacht, bevor gebaut wird.

Best- statt Billigstbieter

Die zweite Fehlerursache: Das Prinzip des Billigstbieters statt des Bestbieters – und als Folge die "Zerstörung von solide arbeitenden Klein- und Mittelbetrieben" und Konkurse. "Und dann kommen Versicherungen ins Spiel", warnte Andreas Gobiet, Präsident des Verband der Ziviltechniker- und Ingenieurbetriebe. Und das wirke sich auf die Versicherungskosten aus: Die Prämie für die Berufshaftpflichtversicherung habe sich 2016 verdoppelt, der Selbstbehalt habe sich verzehnfacht. Die Volumina, die versicherbar sind, hätten sich gleichzeitig auf 60 Millionen Euro reduziert. Bei größeren Projekten sei daher nun eine Zusatzversicherung nötig.

Der dritte Punkt sei eine mangelnde Fehlerkultur in Österreich: "Es ist naiv zu glauben, man kann ein komplexes Projekt fehlerfrei abwickeln", so Sommer. Transparenz in der Aufklärung, die Übernahme von Verantwortung und lösungsorientiertes Vorgehen bei der Beseitigung sollten Priorität haben "Es muss nicht jeder Baumangel, der vor Fertigstellung und Übergabe entdeckt wird, automatisch zu einem Gerichtsverfahren führen", so Sommer – und spielt dabei auf die Causa Stadthallenbad an, die seit Jahren Gerichte beschäftigt.

Teure Verfahren

Für die missglückte Sanierung wurde der Architekt und Generalplaner verantwortlich gemacht und vom Stadthallenbad auf 13,3 Millionen Euro geklagt. Ein Sechs-Stunden-Verhandlungstag koste rund 200.000 Euro, rechnete Hannes Pflaum von Pflaum Karlberger Wiener Opetnik Rechtsanwälte vor – die offene Honorarforderung des Architekten betrage rund 860.000 Euro. "Die Prozesskosten erreichen diese Summe in circa vier Prozesstagen", so Pflaum.

Als Lösungsweg schlagen die Architekten ein Kompetenzzentrum der Stadt Wien für Planen und Bauen nach Vorbild der Bundesimmobiliengesellschaft vor. Ende Jänner läuft indes die Abgabefrist für das nächste PPP-Verfahren für den Neubau des Bildungscampus Nordbahnhof ab. Die IG Architektur hat sich in einer Aussendung dagegen ausgesprochen, daran teilzunehmen. Sie rechnet mit vielen Protest-Beiträgen. (zof, 22.1.2016)