Die Vertreter der Volksgruppen sehen die Zweisprachigkeit an Schulen gefährdet.

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Wien/Eisenstadt – Die Vertreter der Volksgruppen in Österreich fordern, in die Verhandlungen zur Bildungsreform einbezogen zu werden. Ein "konstruktiver Dialog" sei nötig, heißt es in einem offenen Brief an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Bisher wurden die Volksgruppen in der geplanten Bildungsreform weder mit einem Wort erwähnt noch um Rat gebeten, kritisiert der Vorsitzende des Volksgruppenbeirats der Burgenlandkroaten, Martin Ivancsics, in einer Presseaussendung.

Die Rechte der Volksgruppen in Österreich sind seit 1976 gesetzlich verankert. Burgenlandkroaten, Slowenen, Tschechen, Ungarn, Slowaken und Roma haben so unter anderem das Recht auf Unterricht in der eigenen Sprache. Dieses sehen sie nun gefährdet. Man wolle stärker in die Planung der Bildungsreform eingebunden werden, heißt es in dem Brief. Das sei bisher nicht der Fall. Außerdem wolle man eine Verschlechterung für die Volksgruppen durch die Bildungsreform verhindern. Eine solche könne bis jetzt nicht ausgeschlossen werden.

Ärger auch schon mit Zentralmatura

Schon im August hätten die Volksgruppen ihre Bedenken zur Bildungsreform kundgetan. Auf eine Antwort Heinisch-Hoseks warte man allerdings bis heute – und frage sich deshalb, ob ein Dialog überhaupt gewollt sei.

Die Kommunikationsprobleme zwischen Ministerium und Volksgruppen haben eine Vorgeschichte. Auch in Planung und Umsetzung der Zentralmatura seien sie nicht eingebunden worden, kritisieren die Vertreter in ihrem Brief. Die Einführung der Zentralmatura verunmöglichte zunächst die schriftliche Matura in Ungarisch, Kroatisch und Slowenisch. Zwar wurden diese Makel nach dem Protest der Volksgruppen behoben, weiterhin seien aber nicht alle Verschlechterungen ausgebessert worden.

Bedenken bei gemeinsamen und privaten Schulen

Die Kritikpunkte an der geplanten Bildungsreform sind vielfältig. In den 37 Fragen, die sie dem Bildungsministerium übermitteln, wollen die Volksgruppenvertreter etwa wissen, ob in den geplanten Gesamtschulen auch zweisprachiger Unterricht angeboten würde. Den Ausbau der Ganztagsbetreuung begrüßen die Volksgruppen grundsätzlich, fragen sich aber, wie es dabei um bilinguales Personal stehe.

Darüber hinaus kritisieren die Volksgruppenvertreter, dass die deutsch-tschechische Komensky-Privatschule vom Minsteriumium keine Förderung erhält, obwohl die Schule mit anhaltenden finanziellen Problem kämpft. "Es ensteht der Eindruck, dass angesichts der aktuellen Flüchtlings- und Migrantenproblematik der Fokus ausschließlich auf die Bewältigung der neuen Mehrsprachigkeit gelegt wird und dabei die traditionelle, verfassungsrechtlich zugesicherte Mehrsprachigkeit unter die Räder kommt", sagt Ivancsics.

Bundesschulsprecher gegen Ausweitung der Modellregionen

Kritik an den Plänen zur Bildungsreform äußerte am Donnerstag auch Bundesschulsprecher Maximilian Gnesda von der ÖVP-nahen Schülerunion im Gespräch mit der APA. Das Ministerium binde die Schulpartner kaum ein, auch mit der Diskussion über die Modellregionen zur Gesamtschule habe er keine Freude. "Da dreht sich mir im Magen alles um, wenn ich mir anhöre, was Politiker dazu sagen", so Gnesda. Derzeit ist vorgesehen, dass 15 Prozent der Schüler und der Schulstandorte einer Schulart eine Modellregion in einem Bundesland bilden können.

Größere Modellregionen kann sich Gnesda nicht vorstellen – selbst wenn die Schulpartner das wünschen. Diese Frage stelle sich aber ohnehin nicht, wenn man sich die Meinung der Schüler an den AHS ansehe. "Außerdem hat sich die Regierung auf 15 Prozent geeinigt. Damit muss jetzt gearbeitet und anschließend evaluiert werden." (mro, APA, 211.2016)