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Der Vorsitzende des Oppositionsrats, Riyad Hijab.

Foto: Reuters / Faisal Al Nasser

Genf/Wien – Russlands Außenminister Sergej Lawrow wollte den genauen Termin weder bestätigen noch absagen, es werde noch "diesen Monat" sein: Bereits am Montag sollte in Genf, wo Lawrow am Mittwoch seinen US-Kollegen John Kerry traf, die erste neue Syrien-Gesprächsrunde stattfinden, an der auch Oppositions- und Regimevertreter teilnehmen sollen. Der einzige diplomatische Versuch dieser Art seit Ausbruch des Kriegs in Syrien hatte im Jänner 2014 stattgefunden ("Genf 2") und war im Sand verlaufen.

Den 25. Jänner hatte Uno-Vermittler Staffan der Mistura zu Jahresbeginn genannt, just beim Ausbruch der Krise zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien und der darauffolgenden Erstürmung der saudischen Botschaft in Teheran. Aber das angespannte Verhältnis zwischen Iran und Saudi-Arabien, die beide Mitglieder der in Wien im November gegründeten "International Syria Support Group" (ISSG) sind, ist bei weitem nicht das einzige Problem, das die Syrien-Diplomatie plagt.

Die Debatte um die Zukunft des Regimes von Bashar al-Assad beziehungsweise dessen Rolle in einer politischen Übergangszeit wurde erst einmal auf Eis gelegt, aber auch bei den anderen großen Brocken, die man zu Beginn der Gespräche geklärt haben wollte, ist man nicht weitergekommen. Es gibt keine Einigung, wer teilnehmen soll, und schon gar nicht, negativ aufgerollt, wer nicht teilnehmen darf, weil er ein Terrorist ist.

Jordanien, das damit beauftragt wurde, eine Liste der in Syrien aktiven Terroristengruppen zu erstellen, hat seine Aufgabe so verstanden, dass es alle inkludiert hat, die von ISSG-Mitgliedern genannt wurden. Das führte dazu, dass die Liste von niemandem akzeptiert wurde: Was des einen Terrorist ist, ist des anderen Freiheitskämpfer. Das Projekt gilt als so gut wie aufgegeben.

Auch bezüglich der Einzuladenden gibt es keinen Konsens. Hier wird die Idee ventiliert, dass es zwei Gruppen von Oppositionsteilnehmern gibt: grob gesprochen einerseits die saudisch/türkische und andererseits die syrischen Kurden, die von Russland in die Gespräche reklamiert werden.

Teilnahme der Kurden

Der im Dezember in Riad formierte "Oppositionsrat", der in höchstem Maß auch von der Türkei abhängig ist, sperrt sich gegen eine "von anderen nominierte dritte Partei" und wird in dieser Haltung von Riad unterstützt.

Aber abseits der türkischen Empfindlichkeiten sind sich alle Beobachter einig, dass die von der PKK-Schwesterpartei PYD dominierten syrischen Kurden an den Verhandlungstisch gehören: Der bewaffnete PYD-Arm, die YPG, sind mit ihrer Allianz "Syrische Demokratische Kräfte" die erfolgreichste Gruppe, die gegen den "Islamischen Staat" kämpft. Die Klärung der Frage der kurdischen Teilnahme wird natürlich auch durch das extrem schlechte Verhältnis zwischen Russland und der Türkei, nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets, belastet. Hier wird nun auf die Vermittlung Katars gehofft.

Der "Oppositionsrat" wird von Riyad Hijab, dem im August 2012 vom Assad-Regime abgesprungenen damaligen syrischen Premier, geleitet. Auch in ihm sitzen Teilnehmer, die andere – Russland, Iran, das Regime – nicht akzeptiert: die "Armee des Islam", deren Chef Zahran Alloush jüngst bei einem russischen Luftschlag getötet wurde. Während die arabische Opposition den Kurden Menschenrechtsverletzungen vorwirft, vergisst sie gerne auf die Rolle von Warlords wie Alloush.

Die Regimedelegation könnte Syriens Uno-Botschafter in New York, Bashar Jaafari, anführen, heißt es in Damaskus. Aber wenn "Genf 3" tatsächlich zustande kommt, am 25. Jänner oder ein paar Tage später, wird es eher ein symbolisches Treffen sein. Verhandelt wird wohl noch nicht werden, trotz des ehrgeizigen, in einer Uno-Sicherheitsratsresolution fixierten Fahrplans, der – so ist die interne US-Interpretation – zu einem Abtritt Assads im März 2017 (also nach Obama!) und zu Präsidenten- und Parlamentswahlen im Sommer führen sollte.

Während die USA und Russland, wenngleich mit unterschiedlichen Endszenarien, den Prozess ernsthaft wollen, scheinen die regionalen Beteiligten auf Zeit zu spielen. Das syrische Regime hat – dank Russland – militärisch einen guten Lauf und kein Interesse, diesen abzubrechen. Die Opposition hingegen will vor Verhandlungen einen Waffenstillstand sehen. (Gudrun Harrer, 21.1.2016)