Die spannende Geigerin Patricia Kopatchinskaja erboste den einen oder anderen Konzerthausbesucher durch ihre subjektive Sicht von Beethovens Violinkonzert.

Foto: patriciakopatchinskaja.com

Wien – "Ich habe ein Buh gehört. Es war zu leise. Die Zugabe widme ich dem Buhrufer." So oder so ähnlich sprach Geigerin Patricia Kopatchinskaja – sehr leise -, sprach's und spielte das ihr gewidmete "Crin-Loop" von Komponist Jorge Sánchez-Chiong, stampfend und spitz schreiend, so wie man die Geigerin und ihr Temperament eben kennt.

Was zuvor geschehen war, hatte nicht nur ein einzelnes kleines Buh ausgelöst, sondern vielmehr ein empörtes Kopfschütteln und echte Verstörtheit bei vielen im Großen Saal des Wiener Konzerthauses. Allein das ist bei einer Aufführung eines Werkes wie Ludwig van Beethovens Violinkonzert, so ganz wertfrei gesagt, eine ziemliche Seltenheit.

Was war tatsächlich geschehen? Dirigent Teodor Currentzis war mit seinem Orchester MusicAeterna zu Gast, das sich erstmals hier vorstellte – als mehr als beachtliches Originalklangensemble, das historische Informiertheit mit jugendlichem Elan verbindet.

Zwei Mozart-Symphonien – die "kleine" g-Moll-Symphonie und die "Prager" in D-Dur – spielte es mit einem weit ausscherenden Ausdrucksspektrum, gleichermaßen originell wie schlüssig, um dann bei der Orchesterzugabe mit dem Finale aus Beethovens 5. Symphonie machtvoll aufzutrumpfen.

Dramatisch, mächtig

Auch bei Beethovens Violinkonzert kehrte Teodor Currentzis das Energetische, das Wilde und das Dramatische mächtig nach außen. Patricia Kopatchinskajas Spiel, das im Lyrischen durchaus innig daherkommt, bildete dazu einen gewissen Gegenpart, von dem aus stellenweise eine spannungsreiche Partnerschaft entstand. Doch trat vor allem die schrankenlose Subjektivität der Geigerin in den Vordergrund, indem Kopatchinskaja da rhythmische Freiheiten stark strapazierte, dort einige Noten extravagant hervorkehrte.

Die Kadenz

Der Höhepunkte ihres doch nicht nur mutigen, sondern durchaus auch übermütigen Zugriffs waren allerdings die Kadenzen – laut Programmheft von Beethoven und von der Interpretin "eingerichtet", viel eher aber von Kopatchinskaja auf Basis Beethovens "zugerichtet": Es waren also bunte Szenen zwischen Klangexperiment und folkloristischer Gruppenimprovisation – auch noch unter Beteiligung von Orchestermusikern.

Dies und die insgesamt geradezu theatralische Performance, die gleichwohl manches übertrieben zutage förderte, was im Stück steckt, machten manche doch ziemlich ratlos. Kalt ließ es allerdings wohl niemanden. (Daniel Ender, 20.1.2016)