Pakistanische Soldaten bringen Menschen aus dem Gefahrenbereich. Das Feuergefecht mit den Angreifern auf dem Gelände der Bacha-Khan-Universität in Charsadda dauerte Stunden.

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Hoffnungsvoll hatte Pakistans Militärchef Raheel Sharif erst zum Jahreswechsel verkündet, Pakistan werde 2016 den Terrorismus besiegen. Die blutige Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Schwer bewaffnete Extremisten haben am Mittwoch die staatliche Bacha-Khan-Hochschule im Nordwesten des Landes gestürmt und mindestens 21 Menschen getötet. Augenzeugen sprachen sogar von über 50 Leichen und regelrechten Jagdszenen auf dem Campus, in Hörsälen und Wohnheimen.

Datum bewusst gewählt

Bei den Toten handelt es sich um Studenten, Wachleute, Polizisten und den Chemieprofessor Syed Hamid Hussain. Der 34-jährige Dozent Hussain hat sich laut Zeugen nur mit einer Pistole in der Hand den Angreifern entgegengestellt, um die Studenten zu beschützen. "Dann sah ich, wie eine Kugel ihn traf", erzählte der Geologiestudent Zahoor Ahmed Reportern. Mindestens 50 Menschen wurden verletzt. Das Datum des Angriffs war nicht zufällig gewählt: Die Hochschule in Charsadda, etwa 29 Kilometer von der Provinzhauptstadt Peshawar entfernt, wollte am Mittwoch den Todestag ihres Namensgebers Bacha Khan feierlich begehen, der am 20. Jänner 1988 gestorben war. Bacha Khan war einer der bekanntesten Friedensaktivisten der Paschtunen und ein Freund von Indiens Nationalheld Mahatma Gandhi.

Für Pakistan war der Anschlag ein blutiges Déjà-vu: Die Attacke erinnerte an den Anschlag am 16. Dezember 2014, als Extremisten in einer Schule in Peshawar 141 Menschen, darunter 132 Schüler, töteten. Das Massaker an Kindern wurde zum nationalen Trauma und leitete eine Wende in der Politik gegen die Taliban ein, die das südasiatische Land bisher eher halbherzig bekämpft hatte. Nach eigenen Angaben hat die Armee seit dem Ereignis 3500 Extremisten getötet. Militärchef Sharif genießt wachsende Popularität.

Am Mittwochmorgen nutzten die vier Angreifer laut Medien den dichten Winternebel, um über eine Mauer auf das Universitätsgelände zu klettern. Über Stunden waren immer wieder Schüsse und Explosionen zu hören. Die meisten Todesopfer gab es offenbar in einem Wohnheim für männliche Studenten.

Verzweifelte Eltern harrten vor dem Gebäude aus, während über dem Campus Hubschrauber kreisten und Scharfschützen auf Dächern Position bezogen. Soldaten durchkämmten Klassenzimmer und Schlafsäle. Erst nach sechs Stunden konnte das Militär Entwarnung geben. "Die Operation ist beendet und die Universität gesichert", sagte General Asim Bajwa der Agentur Reuters. Die vier Angreifer seien getötet worden.

Unklares Bekenntnis

Zunächst bekannte sich Umar Mansoor von der "Geedar-Gruppe" des Taliban-Verbandes TTP zu dem Anschlag auf die Universität. Mansoor gilt auch als Drahtzieher hinter dem Massaker in Peshawar. Die Attacke in Charsadda sei ein Vergeltungsschlag für die Offensive des Militärs.

Dagegen distanzierte sich der offizielle Sprecher des Taliban-Dachverbandes TTP, Muhammad Khorasani, von dem Anschlag. Dieser sei unislamisch. Der Verband TTP und sein Führer Mullah Fazlullah hätten nichts mit dem Angriff zu tun. Jene, die den Namen der TTP missbrauchten, würden zur Rechenschaft gezogen, drohte Khorasani. In der Gegend rund um die Provinzhauptstadt Peshawar herrscht seit Tagen Terrorangst. Nach Gerüchten über mögliche Attacken waren bereits am Dienstag und Samstag zahlreiche Schulen geschlossen worden. (Christine Möllhoff aus Dubai, 20.1.2016)