Auf die EU zu schimpfen ist beliebt. Schließlich kommt tatsächlich eine enorme Flut an Richtlinien, Verordnungen und sonstigen Rechtsakten aus Brüssel, bei denen man hinterfragen kann, ob nicht eine nationalstaatliche Regelung reichen würde. Die EU-Pauschalreiserichtlinie fällt allerdings nicht in diese Kategorie. In kaum einer Branche gibt es derart viele grenzüberschreitende Kaufverträge wie im Tourismus. Einheitliche Rechte für die Konsumenten machen also durchaus Sinn.
In Österreich führt diese Richtlinie aber zur absurden Situation, dass voraussichtlich tausende Hoteliers und Gastronomiebetriebe ein zweites Gewerbe, nämlich als Reisebüro, anmelden müssen. Und das ist im Kammerstaat Österreich natürlich nicht gratis – die Kammerumlage will für jeden Gewerbeschein bezahlt sein. Selbst bei einem mittelständischen Betrieb mit 30 Mitarbeitern kann das schnell zu einer Zusatzbelastung von 1500 Euro führen.
Schuld daran ist aber nicht die böse EU, sondern die heimische Gewerbeordnung, auf der noch immer 82 reglementierte Gewerbe stehen. Ein Auszug, was alles nur nach Erbringung eines Befähigungsnachweises ausgeübt werden darf: Bäcker, Fleischer, Fremdenführer, Friseur, Maler, Masseur, Schumacher und, und, und. Die Wirtschaftskammer ruft gerne nach Entbürokratisierung und Verschlankung. Stimmt schon. Da ist beim Staat noch Spielraum. In der Wirtschaftskammer aber auch – und nicht zu wenig. (Günther Oswald, 20.1.2016)