ZDF-Anchorman Claus Kleber und Netflix-Chef Reed Hastings.

Foto: standard/alexandra föderl-schmid

Whatsapp-Gründer Jan Koum kündigte an, dass der Messenger ab sofort kostenfrei ist.

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ZDF-Anchorman Claus Kleber outete sich zu Beginn seines Interviews auf der Münchner Digitalkonferenz DLD als Netflix-Kunde seit 1998. Damals war er Korrespondent in den USA. Heute sieht er sich als "Beute" und seinen Interviewpartner als "Raubtier". Denn Netflix-Gründer Reed Hastings stehe mit seinem Streaming-Dienst dafür, Fernsehen, wie er es mache, zu vertreiben. Auf die Frage, ob es künftig überhaupt noch Platz gebe für lineare Medien, antwortet Hastings: "Es gibt immer eine Tendenz, die Vergangenheit zu romantisieren." Jede neue Technologie bringe Bereicherungen und Verluste.

Verständnisprobleme

Zwar produzierten die meisten Sender immer noch lineares Fernsehen und stellten ihre Inhalte dann ins Netz, allerdings gelte heutzutage: Wer eine Website produzieren könne, der könne auch ein TV-Netzwerk haben. Erst vor wenigen Tagen wurde Netflix in 130 weiteren Ländern freigeschaltet, sodass der Streamingdienst nun in 190 Staaten verfügbar ist. Auf Klebers Frage, wann es so weit sei, dass auch China dazukomme, räumte Hastings ein, er könne dies nicht einschätzen. "Apple hat sechs Jahre gebraucht, um das iPhone dort auf den Markt bringen zu dürfen."Außerdem gebe es Verständnisprobleme, erzählte Hastings schmunzelnd. "Chinesische Blogger dachten, dass es sich bei der Politserie 'House of Cards' um eine Dokumentation handle."

Erste TV-Serie aus dem deutschsprachigen Raum

Wie Hastings im Gespräch mit Journalisten am Rande der Konferenz ausführte, werde sich Netflix weiterhin auf Filme und Serien konzentrieren. Er sieht Netflix nicht als Konkurrenz zu lokalen Angeboten. Netflix bemühe sich, Inhalte für ein globales Publikum zu produzieren. Der Onlinedienst will jedoch noch heuer eine erste TV-Serie aus dem deutschsprachigen Raum ins Programm nehmen, aber man habe noch nicht das Richtige gefunden. In Europa filmt Netflix bisher nur die Krimiserie "Marseille" in Frankreich.

Dass Netflix, wie jüngst angekündigt, nun Inhalte regional begrenzen müsse, tut Hastings nach eigenem Bekunden leid. Das Vorgehen gegen VPN-Dienste und Proxy-Server gehe auf Druck von Rechteinhabern zurück.

Friedlich nebeneinander

Nach seinen Zielen gefragt, nannte Hastings die Nutzerzahlen von Youtube: Netflix habe 70 Millionen Mitglieder, Youtube nutzten mehr als eine Milliarde jeden Monat. Robert Kyncl, der unmittelbar nach Hastings sprach, ergänzte: 82 Prozent der Youtube-Nutzer seien außerhalb der USA, jede Minute werden rund 400 Stunden an Videomaterial hochgeladen. Youtube habe auch rund 20 Millionen Content-Partner, mit denen man Inhalte gemeinsam monetarisiere, sagte der für Inhalte und Geschäftsmodelle verantwortliche Manager. Aber anders als Hastings sieht er Dienste wie Netflix und Youtube als Ergänzung. "Das traditionelle Fernsehen hat bisher kaum Seher verloren." Seine Sicht: "Raubtier" und "Beute" friedlich nebeneinander.

Whatsapp wird kostenlos

Eine ziemlich überraschende Mitteilung machte Whatsapp-Chef Jan Koum. Er kündigte bei der DLD in München an, dass der Messaging-Dienst künftig komplett auf Gebühren verzichtet. Damit wird der beliebteste Messenger der Welt kostenlos. Im Augenblick fallen 0,89 Euro nach zwölf Monaten Nutzung an. Das Bezahlmodell habe nicht gut funktioniert, räumte der Gründer und Firmenchef ein. Viele Nutzer der App besäßen keine Bank- oder Kreditkarten und hätten Sorge, nach einem Jahr den Kontakt zu Freunden zu verlieren. Die Bezahlfunktion wird daher im Laufe der kommenden Wochen aus allen Apps verschwinden.

DLDconference

Keine Werbung

Koum betonte, dass Whatsapp dennoch weiterhin keine Werbung schalten werde und kündigte gleichzeitig den Ausbau des Angebots mit Hilfe von Facebook an, das die Firma 2014 für 22 Milliarden Dollar übernommen habe.

Dieses Jahr wolle man sich vor allem darum kümmern, wie der Dienst für Unternehmen interessanter gestaltet werden könne. Verschiedene Wege würden derzeit getestet. So sei vorstellbar, dass jemand mit seiner Bank über Whatsapp kommuniziere, wenn eine verdächtige Kontobewegung festgestellt werde. Whatsapp zählt weltweit fast eine Milliarde Nutzer. (Alexandra Föderl-Schmid aus München, 18.1.2016)