Flüchtlinge kommen mit Zügen aus Slowenien am Villacher Bahnhof an. Kanzler Faymann und Wiens Bürgermeister Häupl reagieren auf den ÖVP-Vorstoß und fordern ebenfalls stärkere Grenzkontrollen. Häupl: "Wir können heuer nicht nochmals allein die gleiche Last schultern wie im Vorjahr."

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Wien – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat mit dem neuen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil einen "Neustart in der Regierung bei der Kontrolle der Asylwerber an den Grenzen" angekündigt, wie er der Zeitung "Österreich" sagte. Die Grenzen würden künftig wie in Deutschland "verstärkt" kontrolliert. Schengen sei "temporär außer Kraft gesetzt", sagte Faymann und stellte den Schengen-Raum als Ganzes infrage, sollte die EU die Außengrenzen nicht besser schützen können.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) spricht sich ebenfalls für mehr Grenzkontrollen und Abschiebungen aus. "Wir können heuer nicht nochmals allein die gleiche Last schultern wie im Vorjahr", sagte Häupl der "Krone". Die Zahl der Flüchtlinge müsse man reduzieren. Zum STANDARD heißt es aus Häupls Büro: "Die Dinge werden jetzt klarer ausgesprochen."

Kapazitätsgrenzen bald erreicht

Die Kapazitätsgrenzen in Wien würden bald erreicht, derart massive Flüchtlingsbewegungen wie 2015 soll es in diesem Jahr nicht mehr geben. Die Hauptlast trage Wien, mehr als zwei Drittel aller Asylwerber würden in die Bundeshauptstadt kommen. Häupls Ansagen markieren eine Richtungsänderung: Bei der Abschlussveranstaltung der SPÖ vor der Wien-Wahl im Oktober hatte er noch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zitiert und gesagt: "Wir schaffen das." Die Herausforderung durch die Flüchtlingsbewegungen werde man gemeinsam bewältigen.

Lopatka ortet SPÖ-Kursschwenk zu ÖVP

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ortet bei der SPÖ einen Schwenk in Richtung Volkspartei-Linie. "Faymann darf sich nun allerdings nicht wieder wegdrücken, sondern muss zur SPÖ-Kurskorrektur stehen", sagte er. Es stimme ihn optimistisch, dass es beim Asylgipfel mit den Ländern am Mittwoch "zu Ergebnissen kommen wird". Die SPÖ müsse nur bei Mindestsicherung, Asyl auf Zeit und Regelungen für den Familiennachzug den Weg für rasche Änderungen im Parlament freimachen.

Faymann löst internationale Irritationen aus

Faymanns Interview hat auch international Wellen geschlagen. "Österreich setzt Schengen aus", meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Tatsächlich gilt das laut Faymanns Büro bereits seit Herbst. Dennoch folgte eine Reaktion der Region Friaul-Julisch Venetien: In einem Schreiben wurde "Bedauern" für einen Beschluss ausgedrückt, der "hoffentlich nicht die exzellenten grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen Friaul und Österreich beeinträchtigen wird".

Auf eine weitere Faymann-Aussage reagierte Ungarn. Faymann hatte unlängst gefordert, Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, EU-Förderungen zu kürzen. Das sei "Erpressung", sagte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto am Sonntag. Europa werde geschwächt, wenn man "die Zeit mit gegenseitiger Erpressung verbringt".

Leitl will Sozialjahr für Flüchtlinge

Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl schlug in der ORF-"Pressestunde" unter anderem ein Sozialjahr für Flüchtlinge vor. Diese könnten überall dort eingesetzt werden, wo Zivildiener tätig seien – und auf dem Arbeitsmarkt dort, wo keine Inländer verdrängt würden. (krud, APA, 17.1.2015)