Übersicht über die Eckpunkte im Atomdeal.

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Federica Mogherini und Mohammed Javad Zarif verkünden die gute Nachricht

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US-Außenminister John Kerry (links vorne) und sein iranischer Amtskollege Mohammed Javad Zarif (rechts vorne) am Samstag im Wiener Palais Coburg.

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Irans Präsident Hassan Rohani während seiner Ansprache vor dem Parlament.

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Wirtschaftsbeziehungen Österreichs mit dem Iran.

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Wien – Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat am Samstag bestätigt, dass der Iran sich an die im Zuge des Atomabkommens vereinbarten Vorgaben gehalten hat. Das geht aus einem internen Bericht von IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano hervor, der dem STANDARD vorliegt. Damit ist der Weg zur Aufhebung der internationalen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran frei.

"Heute haben wir den Implementation Day erreicht", erklärte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem iranischen Außenminister Mohammed Javad Zarif am Samstag in Wien. "Da der Iran die Verpflichtungen erfüllt hat, werden die multilateralen und nationalen Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die sich auf das iranische Atomprogramm beziehen, aufgehoben", sagte Mogherini.

USA und EU würden "umgehend die mit dem Atomprogramm in Verbindung stehenden Sanktionen aufheben," erklärte auch US-Außenminister John Kerry bei seiner Pressekonferenz. US-Präsident Barack Obama hat die Aufhebung der US-Sanktionen bereits angeordnet. "Der heutige Tag markiert den ersten Tag einer sichereren Welt", sagte Kerry. Die iranischen Atomaktivitäten würden in den nächsten Jahren aber weiterhin überwacht werden. Kerry kündigte an, dass IAEA-Chef Amano bereits am Sonntag nach Teheran reisen werde.

Bilaterale Gespräche

Zarif war zuvor zunächst mit Mogherini und anschließend mit Kerry zu bilateralen Gesprächen im Wiener Palais Coburg zusammengetroffen. Auch mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) fand ein Treffen statt. Bereits am Samstagvormittag sollte das Ende der Sanktionen von Mogherini und Zarif verkündet werden. Es kam jedoch zu Verzögerungen, allen voran weil man die Ankunft von US-Außenminister John Kerry abwartete. Er hatte sich zuvor noch in London aufgehalten, um Vertreter Saudi-Arabiens zu treffen und landete erst am Nachmittag in Wien.

Die Nachricht über einen iranisch-amerikanischen Gefangenenaustausch hatte dann aber auf einen positiven Abschluss der Gespräche hingedeutet. Kerry bestätigte am Samstagabend schließlich, dass insgesamt fünf US-Bürger freigelassen wurden. Drei von ihnen, darunter der "Washington-Post"-Korrespondent Jason Rezaian, wurden am Sonntag aus Teheran ausgeflogen. Sie befänden sich auf dem Weg in die Schweiz, berichtete das iranische Staatsfernsehen.

Sieben Begnadigungen

Zugleich wurden sieben Iraner begnadigt, die in den USA wegen Verstößen gegen die Iran-Sanktionen verurteilt worden waren oder auf ihren Prozess warteten. Sechs davon haben auch die US-Staatsbürgerschaft. Gegen 14 Iraner haben die USA zudem die bei Interpol eingereichten Haftbefehle zurückgenommen. Ihre Auslieferung galt als unwahrscheinlich, sagte der US-Regierungsvertreter.

"Zeichen des Friedens"

Irans Präsident Hassan Rohani hat die Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen sein Land begrüßt. Die Iraner seien mit dem Atomabkommen auf die Welt zugegangen und hätten mit diesem "Zeichen des Friedens" die "Feindseligkeiten, Verdächtigungen und Verschwörungen" hinter sich gelassen, wurde Rohani am Sonntag von der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA zitiert.

In der Geschichte des Iran sei eine "goldene Seite" aufgeschlagen worden, so Rohani in einer Ansprache vor dem Parlament am Sonntag. Für die iranische Wirtschaft sei das Abkommen zur Beendigung des Atomstreits ein Wendepunkt. Rohani forderte zugleich Wirtschaftsreformen. Der Iran müsse weniger abhängig von seinen Erdöleinnahmen werden. Die niedrigen Ölpreise seien der beste Grund, "die Nabelschnur" zum Öl durchtrennen.

Der iranische Präsident hatte am Samstag via Twitter seine Gratulation zum nun in Kraft tretenden "Implementation Day" übermittelt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete die Umsetzung des Abkommens als "bedeutenden Meilenstein". Damit werde der gute Wille aller beteiligten Parteien gezeigt, sagte Ban laut Mitteilung am Samstag in New York. Er hoffe, dass das Abkommen zu mehr Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region und darüber hinaus beitragen werde.

Kritik aus Israel und USA

Israel hat die Inkraftsetzung des historischen Atomabkommens mit dem Iran scharf kritisiert. Auch nach der Unterzeichnung des Abkommens im Juli habe der Iran nicht nachgelassen in seinen Bemühungen, sich Atomwaffen zu beschaffen, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in der Nacht zum Sonntag.

Israel werde die Umsetzung der Vereinbarung aufmerksam verfolgen. Die Weltmächte und die Internationale Atomenergiebehörde müssten strikt über die Aktivitäten in den iranischen Atomanlagen wachen um sicherzustellen, dass das Land nicht "weiterhin heimlich Atomwaffen entwickelt". Israel beschuldigt den Iran seit langem, nach Atomwaffen zu streben, und fühlt sich dadurch in seiner Sicherheit bedroht.

US-Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio sprach der "Washington Post" zufolge von einer "Geiselnahme" des Iran, um im Gegenzug Zugeständnisse zu erhalten. Die US-Regierung habe Teheran damit davonkommen lassen und dadurch einen Anreiz für andere Regierungen geschaffen, unschuldige Amerikaner zwecks Erpressung gefangen zu nehmen. Rubio bekräftigte außerdem, dass die USA im Fall seines Wahlsieges aus dem Atomabkommen mit dem Iran aussteigen würden.

Wirtschaftliche Deals

Unternehmen weltweit sehen im Iran nun gute Chancen für milliardenschwere Geschäfte, die ihnen wegen der Sanktionen seit langem verbaut waren. Einen ersten Mega-Deal kündigte der Iran noch am Samstag an: Vom europäischen Hersteller Airbus sollen der Agentur Tasnim zufolge 114 Passagierflieger gekauft werden. Sie könnten laut Preisliste mehr als zehn Milliarden Euro kosten. Auch der französische Konzern Total und die britische Shell haben bereits Manager in die Islamische Republik entsandt, wie die iranische Nachrichtenagentur Mehr am Samstag meldete. Dort träfen diese sich mit Vertretern der Unternehmen National Iranian Oil Company (NIOC) und National Iranian Tanker Company (NITC).

Nach intensiven Verhandlungen hatten sich die UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) sowie Deutschland und die EU mit dem Iran im Juli 2015 in Wien auf den Atomdeal geeinigt. Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass Teheran 13.000 Zentrifugen zur Urananreicherung abbaut sowie seine Bestände an angereichertem Uran drastisch senkt. Auch verschärfte internationale Kontrollen sind dem Abkommen zufolge vorgesehen. (Noura Maan, APA, 17.1.2016)