"Nie gleichgültig, nie ignorant, nie zynisch, nie von oben herab", so agiere Rudolf Hundstorfer, sagt Kanzler Werner Faymann (li.).

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Wien – Es kam dann anders, als eine Woche zuvor bei der Präsentation des schwarzen Hofburganwärters. Nämlich so, wie es seit Tagen medial kolportiert wurde. Die SPÖ hat am Freitag Sozialminister Rudolf Hundstorfer einstimmig als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl nominiert. Auch die Minister-Rochaden im roten Regierungsteam wurden ohne abweichende Stimmen beschlossen.

Video: Rudolf Hundstorfer bei seiner ersten Pressekonferenz als offizieller SPÖ-Kandidat.
Derstandard.at/von usslar

Parteichef Werner Faymann durfte also am späten Freitagnachmittag freudig bekanntgeben: "Mit großer emotionaler und politischer Zustimmung unterstützt die Sozialdemokratie unseren Rudi Hundstorfer." Der joviale Spitzname dürfte sich durch die Wahlkampagne ziehen. Der Wiener Kommunikationsberater Carl "Yussi" Pick, der sich bis Donnerstag die URL hundstorfer-2016.at gesichert hatte, ließ tags darauf wissen, die Domain wechsle jetzt zur SPÖ – bis es so weit ist, sei er darum gebeten worden, auf rudi-hundstorfer.at zu verweisen. Bloß war die Website am Freitag nur mit Passwort zugänglich.

Kein Weltretter

Nach Vorstands- und Präsidiumssitzung im SPÖ-Parlamentsklub hob der rote Kandidat im Presseklub Concordia zur ersten Übung in Sachen staatstragende Rede an. Er sei mit dem Erreichten niemals zufrieden (die Opposition übrigens auch nicht, mehr dazu später), wolle den sozialen Zusammenhalt sichern.

Womit Hundstorfer gleich bei der Causa prima, die auch den Präsidentschaftswahlkampf beherrschen dürfte, angelangt war: Österreichs Umgang mit Flüchtlingen. Und weil die ÖVP immer lauter für eine Obergrenze trommelt, musste Hundstorfer auf Journalistenfrage dazu Stellung beziehen: "Sie wissen, dass wir nicht die Welt retten können. Dass wir nicht alle 60 Millionen Flüchtlinge weltweit aufnehmen können. Aber das Thema kann man nur mehrstufig lösen."

Stufenmodell für Flüchtlingsfrage

Sein Stufenmodell umfasst "Hotspots", "Zusammenarbeit mit der Türkei", "Probleme vor Ort lösen". Gleichzeitig betonte Hundstorfer: "Wir wollen Menschen in Not nicht einfach im Regen stehen lassen." Die Idee des Regierungspartners, ab einer zahlenmäßig noch nicht definierten Obergrenze Menschen in "Pufferzonen" unterzubringen und nicht mehr ins Land zu lassen, konterte er: "Wo Menschen aus Kriegsgebieten geflohen sind, können wir nicht die Tür zu machen." Worte von einem, der "nie gleichgültig, nie ignorant, nie zynisch, nie von oben herab" agiert, findet SPÖ-Chef Werner Faymann. Worte von einem, dessen Stärke "Reformverweigerung" sei, finden die Neos. Und dessen "Leistungsbilanz nur für Realitätsverweigerer ein Empfehlungsschreiben für die Hofburg" sei, finden die Blauen.

Mitterlehner ätzt

Deren potenzielle Regierungsbeteiligung wollte Hundstorfer mit Verweis auf notwendige stabile Mehrheiten übrigens nicht ausschließen.

Böser ätzen als die FPÖ konnte nur noch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, für den Hundstorfer nur ein "gut aufgelegter, flotter Ballbesucher" ist. Die mit seiner Nominierung ausgelöste Umbildung in der roten Regierungsmannschaft erinnert Mitterlehner an das Wienerlied "Schön ist so ein Ringelspiel": "Dreht sich schnell und kost' nicht viel."

Zur Erinnerung: In Hundstorfers Fußstapfen als Sozialminister tritt Allzeit-Ablösekandidat Alois Stöger. Dessen Infrastrukturressort übernimmt Noch-Verteidigungsminister Gerald Klug. Im Heeres- und Sportressort kommt es zur einzigen roten Neubesetzung: Hans Peter Doskozil, der burgenländische Polizeichef, der sich im Sommer in Zusammenhang mit den 70 toten Flüchtlingen in einem Kühl-Lkw und seinem Handling des Flüchtlingsandrangs beim Grenzübergang Nickelsdorf einen Namen gemacht hat, wird Verteidigungsminister. Und soll in dieser Funktion ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ein frischer Widerpart sein. Am Freitag blieb er wortkarg.

Wunsch nach Fairness

Der Tag sollte ja zur Gänze auf Rudolf Hundstorfer ausgerichtet sein. Kanzler Faymann will zunächst Bundespräsident Heinz Fischer über den geplanten Wechsel im roten Team informieren. Erst am 26. Jänner soll es dann zum Regierungsumbau kommen. Hundstorfer sagte in Richtung seiner Kritiker, es sei "klar, dass da jetzt nicht nur Liebesbezeugungen kommen". Er wünscht sich aber dringend ein Fairnessabkommen. (Lisa Kogelnik, Karin Riss, 16.1.2016)