Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zieht bei der ÖVP-Klausur noch einmal die Grenzen scharf nach.

APA/Gindl

Wien / Bad Leonfelden – Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Freitag ihre Pläne für den Umgang mit Flüchtlingen konkretisiert: Ab Ende kommender Woche sollen nur noch Flüchtlinge durchreisen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen. Jene, die etwa nach Schweden weiterziehen wollten, würden bereits an der Grenze zurückgewiesen.

Österreich werde zudem eine noch nicht festgelegte Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen einführen, sagte Mikl-Leitner im Ö1-"Morgenjournal". Jene, die über der Obergrenze liegen, würden in sogenannten Transitzonen oder Pufferzonen untergebracht. "Sie werden nicht mehr ins Land gelassen, sie werden dort versorgt und sonst nirgendwo." Wenn diese Obergrenze überschritten wird, will Mikl-Leitner nach dem Vorbild Schwedens nur noch Asylanträge annehmen, diese aber nicht mehr bearbeiten.

Höchstgrenze

Caritas-Präsident Michael Landau sieht in den Ankündigungen von Mikl-Leitner mögliche Verstöße gegen die Menschenrechte. "Eine Höchstgrenze bei den Anträgen wäre aus meiner Sicht ein angekündigter Rechtsbruch", sagte er. Die Idee der "Wartezonen" hält Landau zudem für "beklemmend", er spricht von "Elendszonen". "Die Innenministerin hat einmal mehr eine Reihe von Schlagworten in die Rede geworfen, die mehr zur Verunsicherung beitragen als zur Sicherheit", kritisierte Landau. "Es geht nicht um politisches Ermessen, sondern um internationales Recht."

Inhaltliche Auseinandersetzung

Auch im Bundespräsidentenwahlkampf will die ÖVP auf das Flüchtlingsthema setzen: "Wer glaubt, das ist nur eine Auseinandersetzung um Personen, irrt. Ich glaube, dass die Flüchtlingsfrage, die inhaltliche Auseinandersetzung, eine ganz wichtige sein wird", sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei der ÖVP-Klubklausur in Bad Leonfelden.

ÖVP-Kandidat Andreas Khol hat das bereits angedeutet, als er erklärte, "ein Freund der Nächstenliebe" zu sein und kein Freund der "Fernstenliebe".

Auseinandersetzung mit Konrad

An Schärfe gewinnt die Auseinandersetzung zwischen ÖVP-Funktionären und dem von der Regierung bestellten, der ÖVP zugerechneten Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, einst Raiffeisen-Generalanwalt. Mikl-Leitner tat dessen Meinung, dass es keine Obergrenzen geben dürfe, als irrelevant ab, Konrad habe hier überhaupt keine Zuständigkeit.

Politikversagen

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner konterte in Bad Leonfelden jenen scharf, die der Politik in der Flüchtlingsfrage ein "totales Politikversagen" vorwerfen würden: "Wir haben nicht versagt, die Hanni hat uns immer rechtzeitig informiert und vorgewarnt. Nur hat uns leider die Erfahrung mit diesem Thema gefehlt." Die Situation habe sich eben dramatisch verändert, sagte Mitterlehner. Mit der EU rechnet der Vizekanzler hart ab: "Keine Hotspots, kein Schutz an den Außengrenzen – wenn die EU nicht endlich beginnt, Grenzen zu setzen, wird sie selbst an ihre Grenzen kommen.

Was die von ÖVP-Seite präsentierte "kapazitätsorientierte Obergrenze" betrifft, zeigte sich Mitterlehner optimistisch, die SPÖ letztlich davon überzeugen zu können: "Es gilt das zu erstreiten, was die richtige Linie ist. Und wir haben insbesondere in der Flüchtlingsfrage die richtige Linie. Letztlich wird auch die SPÖ das erkennen und aus ihrer Komfortzone kommen." (mro, völ, 15.1.2016)