Die Idee hinter der Untersuchung: Bereits zugelassene Wirkstoffe prüfen, um Entwicklungskosten zu sparen und schneller zu neuen Wirkstoffen zu gelangen

Foto: APA/BARBARA GINDL

Medikamente gegen Hepatitis-C-Virusinfektionen sind wirksam aber teuer. Aus diesem Grund sind nach wie vor etwa 130 Millionen Menschen weltweit chronisch mit dem Virus infiziert. Es ist die Hauptursache für Lebertransplantationen. Um neue, billigere Therapien für Patienten mit chronischen HCV-Infektionen zu finden, haben Wissenschaftler des Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover Substanzen aus Wirkstoffen untersucht, die bereits für die Behandlung anderer Krankheiten zugelassen sind. Das Screening hat einen viel versprechenden Treffer ergeben: Das in Kanada und Europa eingesetzte Migränemedikament Flunarizin.

"Wir haben uns bei der Suche nach neuen Ansätzen gegen HCV zunächst auf Medikamente konzentriert, die Ionenkanäle blockieren", sagt Paula Perin, Wissenschaftlerin am Institut für Experimentelle Virologie. Ionenkanäle spielen eine wichtige Rolle bei der Infektion der einzelnen Leberzellen mit den unterschiedlichen Hepatitis-C-Virusstämmen. Denn HCV ist durchaus nicht gleich HCV. Heptitis-C-Viren sind sehr variabel und Wissenschaftler unterscheiden derzeit sieben unterschiedliche Genotypen mit wiederum diversen Subtypen – die sich mit leicht unterschiedlichen Mechanismen ihren Platz in der menschlichen Leber sichern.

Entwicklungskosten einsparen

23 Medikamente, die für unterschiedlichste Krankheiten zugelassen und erprobt sind, haben Paula Perin und ihre Kollegen getestet. Die Idee war, Wirkstoffe zu prüfen, die bereits zugelassen sind, um Entwicklungskosten zu sparen und somit schneller und kostengünstiger zu neuen Wirkstoffen gegen HCV zu gelangen. Und sie haben mit dieser Strategie das Migränemedikament Flunarizin als Wirkstoff gegen einen Genotyp von HCV identifiziert. "Flunarizin bremst HC-Viren vom Genotyp II, während des Viruseintritts", hat die Wissenschaftlerin beobachtet. "Wenn die Membran des Virus und der Wirtszelle miteinander verschmelzen, stört das Migränemedikament diese Verschmelzung und verhindert so, dass die Viren in die Leberzelle hineingelangen."

Obwohl der Wirkstoff nur einen von sieben Genotypen am Eintritt in die Zellen hindert, ist die Suche ein Erfolg. Immerhin sind etwa 16 Millionen Patienten mit diesem Virusgenotypen infiziert und vor allem, "können wir nun mit Kooperationspartnern versuchen, den Wirkstoff leicht zu verändern, sodass er auch gegen andere Genotypen eingesetzt werden kann", sagt Thomas Pietschmann, Leiter des Instituts. "Darin liegt durchaus das Potenzial für eine kostengünstige Strategie gegen HCV – und nebenbei hat unser Team noch grundlegende Fragen zum Viruseintritt in die Zelle beantworten können." (idw, red, 15.01.2016)