ASAS-SN-15lh heißt der neue Rekordhalter unter den bekannten Sternexplosionen. Etwa so würde die Hypernova am Himmel über einem hypothetischen Exoplaneten in ihrer Heimatgalaxie aussehen.

Illustration: Beijing Planetarium / Jin Ma

Peking/Wien – Wenn ein massereicher Stern am Ende seines Lebens den nuklearen Treibstoff verbrannt hat, explodiert er mit einem ordentlichen Rums. Der Mechanismus dahinter ist, vereinfacht gesagt, folgender: Kommt die Fusion im Inneren des Sterns zum Erliegen, dann produziert er nicht mehr genug Strahlungsdruck, um seiner gewaltigen Schwerkraft entgegenzuwirken. Der heiße Gasball kollabiert plötzlich und strahlt dabei vorübergehend so hell wie eine ganze Galaxie. Eine solche stellare Explosion nennt man Supernova.

Die frühesten Zeugenberichte dieses Phänomens – also das Aufleuchten eines Sterns, wo zuvor keiner zu sehen war – sind rund 2000 Jahre alt. Erst vor weniger als 20 Jahren hat man erkannt, dass neben herkömmlichen Supernovae kosmische Explosionen existieren, die an Wucht alles bis dahin Bekannte weit in den Schatten stellen: Diese superhellen Supernovae, auch bekannt als Hypernovae, erreichen die bis zu 1000-fache Leuchtkraft einer gewöhnlichen Sternexplosion.

Es geht noch größer

Nun haben Astronomen fassungslos feststellen müssen, dass es sogar noch um eine Kategorie gewaltiger geht: Im Juni 2015 wurde in einer 3,8 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie ein Lichtblitz registriert, der von Subo Dong und seinen Kollegen von der Universität Peking als Hypernova erkannt wurde – und zwar eine, die mindestens doppelt so heftig war wie alles, was jemals zuvor beobachtet werden konnte. Das in der aktuellen Ausgabe von "Science" präsentierte Ereignis scheint allein schon wegen der Menge an Energie, die dabei frei wurde, alle Grenzen der Physik zu sprengen.

Um sich eine vage Vorstellung von den Dimensionen zu machen, um die es geht, hier ein paar Vergleichswerte: ASAS-SN-15lh, so die Bezeichnung der Hypernova, besaß während ihres Maximums die 570-Milliarden-fache Helligkeit unserer Sonne. Damit gab sie binnen kurzer Zeit 20 Mal so viel Licht ab wie alle rund 100 Milliarden Sterne unserer Milchstraße zusammen. Selbst die Nachglühphase suchte ihresgleichen: In den ersten vier Monaten wurde bei dem Ereignis mehr Energie frei, als die Sonne in ihrem derzeitigen Zustand in 90 Milliarden Jahren abstrahlt. Diese Daten lassen vermuten, dass ASAS-SN-15lh möglicherweise der größte je gemessene Helligkeitsausbruch im bekannten Universum war.

Abgesehen von ihrer Leuchtstärke zeichnet sich ASAS-SN-15lh noch durch eine andere ungewöhnliche Eigenschaft aus: Im Unterschied zu anderen bekannten superhellen Supernovae, die praktisch ausschließlich in Zwerggalaxien mit hohen Sternentstehungsraten beobachtet wurden, ist die Heimatgalaxie von ASAS-SN-15lh eine eher unproduktive Spiralgalaxie, die die Milchstraße an Größe weit übertrifft.

Auch wenn man die Ursachen für Hypernovae bisher nicht mit Gewissheit benennen konnte, so gab es zumindest einige mathematisch gut untermauerte Theorien. Als Favorit galt die Beteiligung von sogenannten Magnetaren. Dies sind Neutronensterne, die über ein extrem starkes Magnetfeld verfügen und sehr schnell rotieren. Astronomen vermuten, dass diese exotischen Objekte den Sternexplosionen zusätzliche Energie verleihen können.

Theoretisch nicht erklärbar

Im Fall von ASAS-SN-15lh versagen allerdings jegliche Erklärungsmodelle: "Der Explosionsmechanismus und die Energiequelle bleiben geheimnisvoll, denn alle bekannten Theorien stoßen hier an ihre Grenzen", erklärt Dong. Vorerst bleibt den Wissenschaftern also nur die Hoffnung, dass sie bei den künftigen Nachbeobachtungen der Explosionswolke von ASAS-SN-15lh, unter anderem mit dem Hubble-Weltraumteleskop, auf weiterführende Hinweise stoßen. (Thomas Bergmayr, 15.1.2016)