Polizisten beim Einsatz gegen die Terroristen von Jakarta. Zum wiederholten Mal wurde Indonesien am Donnerstag zur Zielscheibe islamistischer Attentäter.

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Explosionen, Schüsse, Tote auf dem Asphalt. Mindestens sieben Menschen starben bei den Angriffen einer Gruppe von Terroristen im Stadtzentrum von Jakarta, fünf mutmaßliche Täter sowie ein indonesischer und ein niederländischer Zivilist. Fünf Polizisten, ein ausländischer Zivilist und vier weitere Indonesier seien verletzt worden, erklärte zunächst der Minister für öffentliche Sicherheit, Luhut Panjaitan. Am Nachmittag bestätigte das Außenministerium in Wien dann Informationen, denen zufolge bei dem Anschlag ein Österreicher leicht verletzt worden sei. Details dazu waren vorerst nicht bekannt.

Die Attentäter waren offenbar auf Motorrädern angereist und hatten mit Granaten eine Polizeistation in der Thamrin-Straße angegriffen, einer der Hauptverkehrsadern der Zehn-Millionen-Metropole. Vor dem bekannten Kaufhaus Sarinah sprengten sich Selbstmordattentäter in die Luft. Auch in einer Filiale der amerikanischen Starbucks-Kette zündete ein Terrorist eine Bombenweste. Die Angriffe waren von Zuschauern von Bürogebäuden aus gefilmt und fast zeitgleich über soziale Medien verbreitet worden. Ein Feuergefecht zwischen Sicherheitskräften und weiteren Tätern dauerte noch gut zwei Stunden, bis die Polizei Entwarnung geben konnte.

IS warnte vor "Konzert"

Der indonesische Präsident Joko Widodo sprach von einem "Akt des Terrors". Überrascht zeigte er sich nicht: Seit Monaten hatten Sicherheitsexperten vor Anschlägen durch Anhänger der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gewarnt. Dieser hatte jüngst angekündigt, in Jakarta "ein Konzert" veranstalten zu wollen. Laut Beobachtern hatten die Warnungen über die Festtage zur zeitweisen Sperrung der Thamrin-Straße geführt. Dieser Maßnahme war der größte Anti-Terror-Einsatz der letzten Jahre in Indonesien vorausgegangen. Neun verdächtige IS-Anhänger wurden dabei verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, für die Festtage eine Attacke vorbereitet zu haben. Einer der Verhafteten, der 35-jährige Schüler eines muslimischen Predigers, sei von diesem "für einen Suizidangriff am Neujahrstag 2016 vorbereitet worden", so die Polizei.

Laut dem Indonesien-Kenner Damien Kingsbury von der australischen Deakin-Universität ist es nicht verwunderlich, dass sich die Terroristen das Geschäftszentrum Jakartas als Ziel ausgesucht hatten. Nicht nur befänden sich Botschaften und Regierungsgebäude an oder in der Nähe der Thamrin-Straße. Geschäfte, unter ihnen die Starbucks-Filiale, würden von Angestellten der Vereinten Nationen frequentiert, die dort einen Sitz hat. Auch sei "die Gegend beliebt bei der indonesischen Elite. Das war ein Angriff direkt auf die Seele Indonesiens", so der Experte. Andere Kommentatoren meinten, bei den Tätern handle es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um aus Irak und Syrien zurückkehrende IS-Kämpfer indonesischer Herkunft.

Abscheu in der Bevölkerung

87,2 Prozent der gut 250 Millionen Indonesier sind Muslime. Der weitaus größte Teil der Bevölkerung verurteilt islamistisch motivierten Terror. In sozialen Netzwerken äußerten Millionen von Indonesiern ihre Abscheu gegenüber den brutalen Angriffen.

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu tödlichen Attentaten, sowohl in der Hauptstadt als auch auf der Ferieninsel Bali. Dort starben im Jahr 2002 bei zwei Bombenanschlägen über 200 vorwiegend westliche Touristen. Der frühere Präsident Susilo Bambang Yudhoyono sagte dem Terror den Kampf an – nicht zuletzt, weil Jakarta um den Ruf Indonesiens als Investitionsstandort fürchtete.

In den folgenden Jahren starben dutzende mutmaßliche Terroristen in Feuergefechten mit Sondereinheiten, viele weitere wurden verhaftet. Yudhoyonos Nachfolger, der im Oktober 2014 gewählte Joko Widodo, führt die Verfolgung islamistischer Radikaler weiter. Wie er zum Jahrestag seiner Ernennung im Gespräch mit dem STANDARD sagte, sieht er Terrorismus zwar als eine Herausforderung, aber nicht als unlösbare: "Wir nehmen das Problem ernst, wir bekämpfen es, und wir werden siegen." (Urs Wälterlin, 14.1.2016)