Salzburg – Nachdem die Direktorin einer Neuen Mittelschule in der Stadt Salzburg gestern, Mittwoch, eine Anzeige gegen vier Schüler wegen sexueller Belästigung von drei Mitschülerinnen eingebracht hat, sind Lehrer und Schüler am Donnerstag psychologisch betreut worden. Die vier unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien sind derzeit vom Unterricht freigestellt.

Der Landesschulrat, die Polizei und die Schulleitung waren gemeinsam bemüht, dass die Causa "schnellst möglich" aufgeklärt wird. Die Burschen im Alter von 14 bis 16 Jahren wurden wegen Verdachts der sexuellen Belästigung, der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung angezeigt. Sie sollen die drei 14- und 15-jährigen Schülerinnen über drei Monate hinweg schikaniert haben. "Ab der ersten Schulstunde war heute die Schulpsychologie anwesend. Der Vorfall wurde mit dem Lehrerkollegium durchgegangen, es wurden den Schülern und Klassenverbänden auch Einzelgespräche angeboten", erklärte Roland Bieber, Leiter der Präsidialabteilung des Landesschulrates, am Donnerstag gegenüber der APA.

Sofort Anzeige erstattet

Eine Statistik über sexuelle Belästigung in Pflichtschulen liegt beim Landesschulrat nicht auf. So ein Fall wie dieser, bei dem es auch um das Begrapschen des Gesäßes ging, war ihm bisher nicht bekannt, sagte Bieber. Im Gegensatz dazu würden Rempeleien des Öfteren vorkommen, das sei ein pubertäres Phänomen. Die Direktorin der betroffenen Schule habe sich jedenfalls immer sehr bemüht, eine Vertrauensbasis mit den Schülerinnen und Schülern aufzubauen, damit sie sich bei Auftauchen eines Problems öffnen. Einmal in der Woche sei die Schulpsychologie vor Ort gewesen. Doch vor der Anzeige habe es kein Signal in Richtung einer sexuellen Belästigung gegeben, erklärte Bieber.

Nach Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe zum Jahreswechsel in Köln und anderen Städten habe die Direktorin das Lehrpersonal darauf aufmerksam gemacht, besonders hellhörig zu sein, sagte der Büroleiter des Landesschulratspräsidenten. Köln sei auch der Anlassfall gewesen, niederschwellig darüber zu sprechen. "Wenn man mehr darüber hört, ist auch das Sensorium ein anderes." Schließlich haben sich die drei Mädchen an die Schule gewandt, bevor sie darüber zu Hause erzählten. Die Direktorin habe richtig gehandelt und sofort Anzeige erstattet. Nun müsse der Fall genau ermittelt werden, um weitere Schritte setzen zu können. Laut Bieber sei man bis zu der Anzeigeeinbringung der Ansicht gewesen, dass die vier Burschen einen guten Integrationsfortschritt in der Schule gemacht hätten.

"Keine zusätzlichen Ressourcen"

Die vier Flüchtlinge leben in verschiedenen Unterkünften. Es werde nun auch geprüft, ob sie in andere Schulen verlegt werden können, und zwar einzeln verteilt, damit sie nicht mehr in einer Gruppe auftreten, hieß es dem Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), in dessen Ressort der Schulbereich fällt. Es handle sich um außerordentliche Schüler, was bedeute, dass ein weiterer Betreuungsbedarf bestehe, weil sie sprachlich nicht in der Lage seien, den Unterricht in deutscher Sprache ausreichend mitzuverfolgen. Von insgesamt 38.000 Pflichtschülern im Land Salzburg seien 2.484 außerordentliche Schüler, davon wiederum 450 Flüchtlingskinder.

Angesichts des aktuellen Falles präsentierte der Landesschulrat heute einen Fünf-Punkte-Plan, der derartige Übergriffe in Zukunft verhindern soll. Für die Beschulung von Asylwerbern und Asylberechtigten wurde ein eigener Koordinator im Landesschulrat bestellt, der die Schulen als Informationsdrehscheibe unterstützt. "Weiters werden den Pflichtschulen für das laufende Schuljahr 25 Planstellen für Sprachförderung zusätzlich vom Bildungsressort des Landes für Sprachförderung und Integration zur Verfügung gestellt, weil der Bund bis jetzt trotz vielfacher Ankündigen keine zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung stellt", teilte das Land mit.

Klare Verhaltensregeln

Der Fünf-Punkte-Plan beinhaltet auch eine "Null-Toleranz-Anweisung". Alle Lehrer im Land Salzburg haben bei Verdacht von Übergriffen auf Schülerinnen und Schüler umgehend Meldung an die Schulleitung zu erstatten. Eigene "Kontaktbeamte" der Polizei gehen jedem Verdacht nach. Bei Bestätigung eines Verdachtes werden zum Schutz der Opfer und der mutmaßlichen Täter umgehend vorläufige Suspendierungen ausgesprochen. Gemeinsam mit den Schulpartnern wird auch ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das klare Verhaltensregeln und Konsequenzen bei Verstößen regeln soll. "Hierbei steht sowohl die Wertevermittlung, als auch die Verpflichtung zur Verwendung der deutschen Sprache in der Schule im Mittelpunkt."

Integrations-Landesrätin Martina Berthold (Grüne) kündigte unterdessen an, in den Unterkünften der jungen Männer das Thema sexuelle Belästigung sukzessive aufzuarbeiten. Dabei soll die Gesetzeslage erörtert und auch vermittelt werden, wie man Frauen und Mädchen in Österreich angemessen begegnet. (APA, 14.1.2016)