Rufen Computernutzer einen Fachbetrieb an, um Probleme mit ihren Systemen beheben zu lassen, ist nicht selten Malware der Grund des Übels. Viren, Trojaner und Co sind Probleme, die sich meist auf mehrere Arten lösen lassen. Von simplen Schritten wie der Installation oder der Aktualisierung des Virenscanners, bis hin zur Nutzung spezieller Tools zur Beseitigung besonders hartnäckiger Schädlinge oder dem Neuaufsetzen des Systems reicht die gängige Palette.
Wer im nördlichen Kalifornien wohnt, kann sich aber auch einer anderen Lösung bedienen. Hier bietet Joey Talley als berufliche Hexe ihre Dienste auch für Pannen mit PCs und anderer Heimelektronik an. Vice hat ein Interview mit der Frau geführt.
Wicca-Priesterin
Talley trägt, dank der in Bezug auf Religion liberalen Gesetzgebung, den Titel "Reverend" (Pastor), amtlich bestätigt vom Bundesstaat Kalifornien. Dieser erlaubt es ihr, religiöse Zeremonien ihrer Glaubensgemeinschaft, der Wicca, auszuführen.
Bei Wicca handelt es sich um eine auf älteren heidnischen Traditionen und Mysterien aufbauende Naturreligion, die im Kern einem weiblichen und einem männlichen Gott huldigt.Viele, jedoch nicht alle Mitglieder, bezeichnen sich selbst als "Schamane" oder, wie Talley, als "Hexe".
"Alternativer" Tech-Support
Talley ist dabei, sich einen Kundenstamm an Leuten aufzubauen, die sich "alternativen" Tech-Support wünschen. Statt mit Softwarelösungen begegnet sie Computerproblemen mit Ritualen. In einem ihrer ersten Fälle brachte sie nach eigenen Angaben die Alarmanlage eines Klienten wieder zum Laufen, in dem sie unter Trance eine "Blockade" in der Wand fand und löste. Die Experten der Firma, die das System installiert hatte, seien hingegen zuvor an der Reparatur gescheitert.
Geht es um die Beseitigung von Malware, sind ihre Methoden ähnlich. "Ich gehe hinein und arbeite mit der Energie", beschreit die "Tech-Hexe" ihre Vorgangsweise. Ebenso arbeitet sie mit Steinen, Metall und Kräutern, wie sie einen anderen Fall beschreibt.
Wie man einen Virus austreibt
Eine Kleinunternehmerin hatte sich mehrere Viren auf ihrem Rechner eingehandelt. "Ich beschwor Erde, Feuer, Luft und Wasser und rief dann Merkur, den Boten, an", schildert sie. Schließlich verfiel sie in Trance und konnte im Energiefluss des PCs schließlich ein "Hindernis" erfühlen. An dieser Stelle, erklärt sie, habe sich auch der Virus eingeschlichen.
Mithilfe einer mit einem Magneten und Wasser gefüllten, schwarzen Schüssel konnte sie schließlich den Virus vertreiben. Um dem Rechner die "Negativität" zu entziehen, bestreute sie ihn mit Salbei, den sie schließlich in der Toilette entsorgte. Nach getanem Werk konstruierte sie schließlich einen Schutzzauber aus mehreren Steinen, der Neuinfektionen verhindern sollte. "[Der Virus] ist sofort verschwunden. So wie üblich", so Talley abschließend.
Manchmal müsse sie allerdings zu radikaleren Mitteln greifen, intensivere Zeremonien durchführen und Fallen stellen. Etwa, wenn ein Dämon sich in einem Computer eingenistet hat. Für ihre Tätigkeiten verlangt die Hexe nach einer kostenlosen telefonischen Erstberatung einen Stundensatz von 200 US-Dollar.
Kritik
Die Menschen, die zu ihr kämen, hätten Angst und wollten von ihrem Umfeld nicht lächerlich gemacht werden, erklärt Talley. Auch sie selbst sei häufig Ziel von "unglaublich dummen Fragen". Kritikern empfiehlt sie mittlerweile, das Buch "The Spiral Dance" zu lesen, das eine wichtige Rolle im Aufkeimen der Wicca-Religion spielt und deren Autorin "Starhawk" ihre Lehrerin war. "Aber sie lesen das Buch natürlich nie, denn sie sind nur daran interessiert, über mich herzuziehen."
Aus fachlicher Sicht ist von der Anwendung von Wasser und Magneten bei elektronischen Geräten abzuraten, hier drohen in Kombination mit dem tatsächlich messbaren Energiefluss (Strom) potenziell teure oder sogar körperlich gefährliche Folgen. Auch für die Wirksamkeit von Salbei, Steinen sowie spirituellen Praktiken und anderen esoterischen Methoden in Zusammenhang mit Malware und sonstigen Computerproblemen fehlt jeglicher Beweis. (gpi, 2.2.2016)