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Wohin mit dem Geld bei Negativzinsen? Verbrennen ist wohl auch nicht die beste Lösung.

Foto: Reuters/Hartmann

Kuriositäten wie Negativzinsen haben durchaus das Potenzial, den gewohnten Gang der Dinge auf den Kopf zu stellen. Waren bisher Gebietskörperschaften generell darauf bedacht, möglichst früh an Steuern und Abgaben zu gelangen, so ist dieses Interesse in der Schweiz zuletzt nicht nur nur erschlafft, sondern hat sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Im Kanton Zug, Tummelplatz der Wohlbetuchten, haben die Behörden zuletzt darum ersucht, Steuerpflichtige mögen ihre Abgaben erst möglichst spät leisten.

Hintergrund ist der Negativzins von 0,75 Prozent, den die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf Einlagen einhebt – insbesondere bei größeren Guthaben gibt es kaum Möglichkeiten, dieser Maßnahme zu entgehen. Gleichzeitig wurden die Verzugszinsen dadurch de facto abgeschafft, dass sie auf null gesetzt wurden. Und der einprozentige Skonto für Frühzahler wurde ebenfalls eingestampft, wodurch sich der Kanton Einsparungen von 4,5 Millionen Franken (4,1 Millionen Euro) erwartet.

Seit die vergleichsweise kleine SNB vor rund einem Jahr den Mindestkurs des Franken gegenüber dem Euro im Vorfeld des Anleihenkaufprogramms der EZB aufgeben musste, kämpft sie händeringend darum, den Aufwertungsdruck auf die eigene Währung möglichst gering zu halten. Neben direkten Interventionen am Devisenmarkt setzt sie dabei auf Negativzinsen, um das Umfeld für Kapitalzuflüsse möglichst unattraktiv zu gestalten.

Fiskus erliegt Geldwertillusion

Was sich der Kanton Zug von diesen Maßnahmen erwartet, ist nur bedingt nachzuvollziehen – denn die Steuerbehörden drohen offenbar der sogenannten Geldwertillusion zu erliegen. Diese beschreibt die Tendenz von Wirtschaftssubjekten, nur auf die Entwicklung von Geldbeträgen zu achten und dabei die Inflation auszublenden. Diese lag 2015 in der Schweiz bei minus 1,1 Prozent, woraus sich selbst bei 0,75-prozentiger Negativverzinsung auf Einlagen noch eine reale, positive Rendite von 0,35 Prozent errechnet.

Abzuwarten bleibt, wie die Steuerpflichtigen auf das sonderbar anmutende Ansuchen des Fiskus reagieren werden. In einer Deflation ist es nämlich grundsätzlich anzuraten, Schulden beziehungsweise finanzielle Verpflichtungen mit sich herumzutragen. Denn heute entrichtete Steuern entsprechen weniger Kaufkraft als künftig beglichene. Es drängt sich jedenfalls die Erkenntnis auf, dass geldpolitische Kuriositäten wie Negativzinsen auch zu fiskalpolitischen Experimenten führen können. (Alexander Hahn, 14.1.2015)