Alois Stöger, von Anfang an belächelt und fast bemitleidet, wurde kein langes Leben in der Wiener Spitzenpolitik vorhergesagt. Zu still sei er, mit einem Bekanntheitsgrad knapp über der Wahrnehmungsgrenze, ein braver Sacharbeiter, aber langweilig. Keiner, der sich lange halten wird. Dieser Alois Stöger, seit 2008 im Kabinett von Bundeskanzler Werner Faymann vertreten und schon mehrfach abgeschrieben, entwickelt sich zum Shootingstar der roten Regierungsmannschaft. Als Nachfolger von Rudolf Hundstorfer, der sich im Auftrag der Partei um das höchste Amt im Staate bewerben darf, soll Stöger nun das Sozialministerium übernehmen, ein ideologisches Schlüsselressort für die Sozialdemokraten.

Stögers Aufstieg an der Seite Faymanns kommt nicht ganz überraschend. Der Kanzler schätzt die ruhigen Typen, vielleicht auch deshalb, weil sie ihm keinen Glanz in der medialen Aufmerksamkeit wegnehmen. Es ist für Faymann schwierig genug, selbst zu glänzen, da braucht es keine Selbstdarsteller im Team. Und Stöger ist eines mit Sicherheit nicht: ein Selbstdarsteller.

In diesen Verdacht geriet eher Gerald Klug, der steirische Gewerkschafter, den es für alle – offenbar auch ihn selbst – überraschend ins Verteidigungsministerium verschlagen hatte. Ihm wurde ebenfalls eine kurze politische Halbwertszeit vorhergesagt. Zu oft, viel zu oft war er in der Kronen Zeitung, das ist an sich eine Disziplin, die sich der Kanzler vorbehält. Es entstand der Eindruck, als wolle Klug, der hinter seinem Rücken aufgrund einer sprachlichen, regional gefärbten Eigenheit nur bedingt liebevoll "Klugna" genannt wird, fehlende Sachkompetenz durch überbordende Medienpräsenz wettmachen.

Aber Faymann lässt so rasch niemanden fallen. Und er gesteht keine Fehler ein, weder eigene noch solche der Regierung. Faymann achtet Loyalität als ein Grundprinzip des Machterhalts, also darf Klug bleiben. Das mag die etwas überraschende Beförderung zum Chef des finanziell bedeutsamen Infrastrukturministeriums erklären. Wenn Faymann schon keinerlei Einfluss auf das Wohlverhalten des Regierungspartners ÖVP hat, so schätzt er es umso mehr, wenn die eigenen Leute nicht widersprechen. Und das tut Klug nicht. Er macht, was Faymann oder Kanzleramtsminister Josef Ostermayer ihm vorschlägt – oder anschafft. Schön, so jemanden im Team zu haben.

In diesem Zusammenhang mag man auch die Aufwertung von Staatssekretärin Sonja Steßl sehen, die seit 2013 ihren Platz in der Regierung sucht, ihre Arbeit aber offenbar zur Zufriedenheit des Kanzlers erledigt. Wirklich mutig wäre es gewesen, Steßl als erste Frau zur Verteidigungsministerin zu bestellen; das wäre ein klares politisches Signal gewesen.

Inhaltliche Überlegungen stecken offensichtlich keine hinter diesem Umbau, der nur der Notwendigkeit folgt, die Lücke nach Hundstorfer zu schließen. Die Berufung des burgenländischen Polizeichefs Hans Peter Doskozil ins Verteidigungsressort ist immerhin strategisch geschickt, damit holt Faymann eine neue, interessante Persönlichkeit in die Regierung. Doskozil hat im Umgang mit der Flüchtlingsbewegung und ihren Tragödien souverän, mit Haltung und Würde reagiert. Da wird ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner jetzt kräftig mit sich hadern, dass ihm seine Präsidentschaftsnominierung keine Möglichkeit zur Umbildung auftut. (Michael Völker, 14.1.2016)