Wider die achtlose, Werte und Ideale verachtende, konsumorientierte Wegwerfgesellschaft entstand in einem Zaubergarten im Piemont ein exotisches Museum.

Foto: Das "Museum hinter der Brücke", fotografiert von Lukas Friesenbichler

Er war offenbar ein passionierter Sammler, aber kein Jäger. Was Pietro Benzi (1931- 2014) sammelte, kann man durchaus guten Gewissens als die "Dinge des Lebens" bezeichnen – nicht mehr und nicht weniger. 1965 begann der Handwerker, Glockengießer und Umweltaktivist bei den Bauern des Piemont, sich gegen den Einsatz von Pestiziden einzusetzen. Gleichzeitig begann er Dinge einzusammeln, die nicht mehr gebraucht wurden, ihre Funktion nicht mehr erfüllten oder schlicht aus der Mode gekommen waren.

So gesehen präsentiert sein Museum hinter der Brücke, original "museo dopo il ponte", exakt fünfzig Jahre Alltagskultur. Kitsch, Kunst und Kleinkram; private Memorabilia. Unfassbare 2,7 Millionen Objekte zählt das verwunschene Paradies, inmitten eines traumhaften Naturgartens gelegen, von Spinnweben und Staubschichten bedeckt. Das Prädikat wertvoll verdienen wohl die wenigsten der auf 5000 Quadratmeter gelagerten Gegenstände. Einen Schatz im Sinne der Vergänglichkeit stellen sie aber dennoch dar – ideell, nicht monetär. Wider den Utilitarismus hatte Benzi sein Museum gegründet, ganz im Sinne des fiktiven Lama-Klosters Shangri-La aus James Hiltons Roman Der verlorene Horizont.

In Form eines traumhaften sowie erratischen fotografischen Essays huldigen nun Cosima und Klaus Schneider der exotischen Hinterlassenschaft des von Sammelleidenschaft besessenen Exzentrikers. Die Geschichte menschlichen Lebens erzählen die verwaschenen Fotos, die bleichen Gemälde, Gartenzwerge, Strohblumen, die Dekorationen, Teller, Pfannen, Röhrenfernsehapparate, Uhren, Wecker, Landkarten und die Globen, die von der Sehnsucht unerfüllter Träume künden ... (Gregor Auenhammer, Album, 13.1.2016)