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Aus allen Wolken gefallen sind die Anleger nach dem Jahreswechsel zunächst an den chinesischen Börsen und in weiterer Folge auch an den anderen Aktienmärkten

Foto: AP / Jojo Priedemann

Wien – Der Start ins Börsenjahr 2016 ist für Anleger richtig übel ausgefallen. Ausgelöst wurde der Fehlstart durch regelrechte Verkaufslawinen an den chinesischen Börsen in Schanghai und Shenzhen. Die Sorgen um das Wachstum im Reich der Mitte sowie der sich zuspitzende Nahostkonflikt haben dafür gesorgt, dass in weiterer Folge die Aktienmärkte rund um den Globus zu Jahresbeginn abgestürzt sind.

Die Angst vor einem Crash mit weitreichenderen Folgen sitzt tief – und so kommt es, dass die Probleme im neuen Jahr auf die wichtigsten Weltbörsen durchgeschlagen haben. Nach dem Silvesterrausch herrschte bisher auch an den Märkten richtige Katerstimmung. Immerhin haben die Aktienmärkte den schwächsten Start in ein neues Jahr nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 verbucht.

In Summe könnte das für die kommenden Monate ein schlechtes Omen sein. Denn laut der Börsenweisheit "As goes Januray, so goes the year" werden im Jänner oft die Weichen für das gesamte Marktjahr gestellt. Marktexperten betonen immer wieder, dass im Falle eines positiv verlaufenden Jänners im US-Index Dow Jones eine Wahrscheinlichkeit von 83 Prozent besteht, dass das Jahr ebenfalls positiv verläuft.

Schließt der erste Monat im Jahr hingegen mit einem Minus ab, führt das aber in 63 Prozent aller Fälle zu einem Jahr mit Kursverlusten. Anders sieht es freilich aus, wenn der Dow Jones den Jänner mit einem deutlichen Minus von vier Prozent oder mehr beendet: Dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für ein Negativjahr auf 80 Prozent.

Richtungsweisende Woche

Welchen Einfluss die erste Handelswoche des Jahres hat, zeigt sich anhand des breiter gefassten US-Index S&P 500. Einem Beitrag auf Finance-Blog zufolge zeigt eine Betrachtung der vergangenen 89 Jahre, dass es in annähernd zwei Dritteln der Fälle (38 Jahre) ein positives Börsenjahr gab, wenn die erste Handelswoche positiv verlief.

In 18 Jahren (60 Prozent) gab es hingegen ein Minus in der Jahresbilanz, wenn auch die erste Woche negativ beendet wurde. "Jahre, die schlecht begonnen haben, nehmen historisch betrachtet auch häufig ein schlechtes Ende", hebt Investmentstratege Tim Edwards vom Indexanbieter S&P Dow Jones den starken statistischen Zusammenhang der ersten Handelswoche mit der Performance des jeweiligen Jahres hervor. Wer es noch genauer wissen will, der muss sich jedoch bis zur ersten Septemberwoche gedulden. Diese weist nämlich laut Edwards eine noch signifikantere Korrelation mit der Entwicklung im Gesamtjahr auf.

Im ATX sieht die Statistik zwar grundsätzlich ähnlich, im Detail aber etwas anders aus: In den vergangenen 30 Jahren gab es in elf Jahren (64 Prozent) ein positives Börsenjahr, wenn die erste Woche im Plus abgeschlossen hatte, und in sechs Jahren (46 Prozent) ein schlechtes Jahr, wenn die erste Börsenwoche bereits verhagelt war.

Historisch betrachtet beschreibt der Jänner-Effekt eine Anomalie am Kapitalmarkt, der aber grundsätzlich ein ganz anderes Thema zugrunde liegt. Viele Marktteilnehmer verkaufen am Jahresende ihre Verlusttitel, um in ihrer Steuererklärung die realisierten Verluste mit den Gewinnen gegenrechnen zu können. Zum Jahresanfang wird dann wieder neu investiert – wovon zumeist Nebenwerte profitieren. Aber auch Fondsmanager lassen Verluste gerne im alten Jahr und verkaufen dementsprechend ihre schlechten Positionen. Im neuen Jahr werden neue Titel gesucht, was zu einer Belebung des Marktes führt und Teil der zumeist guten Performance im Jänner ist.

Viele andere Faktoren

Ob das Börsenjahr ein gutes oder ein schlechtes wird, hängt aber von mehreren Faktoren ab als bloß davon, wie der Jänner gelaufen ist. Eine der Fragen, die das heurige Finanzjahr prägen werden, betrifft das weitere Vorgehen der US-Notenbank Fed – abhängig davon, wie oft und wie stark die Währungshüter heuer die Zinsen im Dollarraum erhöhen wird. Oder ob die EZB die Geldschleusen noch weiter öffnen wird.

Aber auch der Ausgang bedeutender Urnengänge wie der US-Präsidentschaftswahl kann den Börsen im Jahresverlauf noch seinen Stempel aufdrücken. Zudem wird eine mögliche Stabilisierung des Ölpreises, der zu Jahresbeginn ebenfalls eingeknickt ist, sowie der Preise für andere Rohstoffe eine Rolle spielen, schließlich stellt dies vor allem einen wichtigen Faktor für den Erfolg der Schwellenländer dar.

Anleger sollten daher die Flinte angesichts des heurigen Fehlstarts nicht gleich ins Korn werfen, denn bekanntlich gibt es immer Ausnahmen, welche die Regel bestätigen: Im Jahr 2014 konnte der Dow Jones bis Jahresende im Endeffekt noch einen Anstieg um 7,5 Prozent erzielen – obwohl im Jänner ein Minus von 5,3 Prozent verbucht wurde. (Bettina Pfluger, Alexander Hahn, 14.1.2016)