Köln – Die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln geben einer Verschärfung des Sexualstrafrechts in Deutschland neuen Schwung. Die CDU bekennt sich zum Selbstbestimmungsrecht der Opfer: Schon deren klares "Nein" soll ausreichen, um eine Bestrafung zu erreichen.

In Deutschland sollen sexuelle Übergriffe künftig auch ohne ein gewaltsames Vorgehen des Täters als Vergewaltigung strafbar sein. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts ist laut Justizminister Heiko Maas seit kurzem in der Länderabstimmung. Der CDU-Vorstand kündigte am Samstag nach einer Klausur in Mainz an: "Für den Straftatbestand muss ein klares 'Nein' des Opfers ausreichen, auch wenn nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt." Dies ist im Gesetzentwurf aber bisher nicht vorgesehen.

"Harte Antwort des Rechtsstaats"

Mit Blick auf die "widerwärtigen Übergriffe und Attacken in der Silvesternacht in Köln und in anderen Städten" erklärte die CDU-Spitze: "Insbesondere sexuelle Belästigung und Vergewaltigung sind nicht hinnehmbar. Sie verlangen nach einer harten Antwort des Rechtsstaats." Auch Belästigungen wie Grapschen, die unterhalb der Schwelle sexueller Nötigung liegen, sollten unter Strafe stehen.

Der neue Vergewaltigungsparagraf könne noch in diesem Jahr vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden, sagte Maas der "Bild am Sonntag". Im Kurznachrichtendienst Twitter meldete er sich am Samstag mit der Aussage: "Müssen alles tun, um Frauen besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Werden Lücken im #Sexualstrafrecht schließen." Ähnlich äußerte sich Innenminister Thomas de Maiziere in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er nannte vorbeugende Aufklärung, mehr Videoüberwachung auf belebten Plätzen, Polizeipräsenz auf der Straße, eine schnelle Justiz und harte Strafen als mögliche Maßnahmen.

Der Straftatbestand der Vergewaltigung wäre laut Entwurf auch erfüllt, wenn sich das Opfer subjektiv als schutzlos empfindet oder der Täter einen "Überraschungsmoment" ausnutzt, etwa durch eine unvermittelte Attacke im öffentlichen Raum. Bisher wird im Strafrecht eine Sexattacke nur dann als Vergewaltigung gewertet, wenn das Opfer geschlagen oder an Leib und Leben bedroht wurde – oder sich in einer "schutzlosen" Lage befand.

Einen Alternativvorschlag, der jede sexuelle Handlung kriminalisiert, die ohne das Einverständnis der anderen Person vorgenommen wird, lehnt der Referentenentwurf des Justizministeriums aber ausdrücklich ab. Dies wäre ein "Paradigmenwechsel", der einer sorgfältigen Prüfung bedürfe, "die eine entsprechende Zeit erfordert".

Frauenministerin erwartet positive Effekte

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast, hält den Entwurf für unzureichend. "Es bleibt im Grunde beim alten Tatbestand, der oftmals zu Freisprüchen führt", sagte sie der "Berliner Zeitung" (Samstag).

Frauenministerin Manuela Schwesig erwartet auch so positive Effekte: "Eine Änderung der Gesetzeslage wird dazu beitragen, dass mehr betroffene Frauen sich zu einer Anzeige entschließen, dass weniger Strafverfahren eingestellt werden und dass sexuelle Übergriffe adäquat geahndet werden", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Anlass der Reform ist die Istanbul-Konvention des Europarats, dem 47 Staaten angehören. Nach dieser Konvention aus dem Jahr 2011 ist jede "nicht einverständliche, sexuell bestimmte Handlung" zu bestrafen.

In Köln hatten sich in der Silvesternacht nach Polizeiangaben kleinere Gruppen aus einer Menge von rund 1.000 Männern gelöst, die vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Zahlreiche Opfer und Zeugen hatten von Tätern nordafrikanischer oder arabischer Herkunft gesprochen. Laut Innenministerium befanden sich unter den Verdächtigen auch Asylbewerber. Dabei ging es aber überwiegend um Körperverletzungen und Diebstähle, nicht um Sexualdelikte. Am Freitag hatte die NRW-Landesregierung Polizeipräsident Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt. (APA/dpa, 10.1.2016)