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Das soll es laut SPÖ künftig nicht mehr geben: Statt von Lesbos aus eine Fähre aufs Festland zu nehmen, sollen Flüchtlinge künftig im Asyl-Hotspot auf der Insel bleiben – bis zur Asylentscheidung.

Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis

Klagenfurt/Wien – Es muss politisch endlich Klick machen", sagt Peter Kaiser. Die europäische, aber auch die österreichische Politik müsse in der Frage der Flüchtlingsproblematik unverzüglich Nägel mit Köpfen machen, ehe eine "noch viel größere Welle an Klimaflüchtlingen auf Europa zukommt", warnt der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann und stellvertretende Bundesparteichef.

Die mahnenden Worte waren quasi als Prolog für die Präsentation eines Sieben-Punkte-Programmes der SPÖ am Freitag zu verstehen, mit der seine Partei die Flüchtlingsproblematik in den Griff bekommen will.

Schließung der Grenzen

Die Kernaussage der SPÖ-Überlegungen: Asylanträge sollen künftig nur noch in den Hotspots an den EU-Außengrenzen und entlang der Flüchtlingsrouten gestellt werden. Wobei im SPÖ-Papier, das von Experten aus dem Resort Kaiser und dem Bundeskanzleramt erarbeitet wurden, klar zwischen "Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen" getrennt wird. "Wir müssen priorisieren. Die, die die um ihr Leib und Leben fürchten müssen, denen muss geholfen werden. Jene aber, die mit dem Wunsch nach einer Verbesserung ihrer Lebenssituation nach Europa kommen, müssen hintangereiht werden", sagt Kaiser: "Jeder ist ein Träumer, der glaubt, dass die Flüchtlingsproblematik anders zu regeln sein wird. Wenn wir nicht klare Strukturen einziehen, wird bald niemandem mehr geholfen werden können. Als Alternative bliebe dann nur noch eine Schließung der Grenzen", ergänzt Kaiser im Gespräch mit dem Standard.

In Europa ankommende Flüchtlinge müssten jedenfalls, wie schon lange diskutiert, "vernünftig in Europa aufgeteilt werden". Wenn jemand in einem europäischen Land Asyl bekomme, dann soll es nur für dieses Land gelten. "Es kann keine Wahlmöglichkeit für Flüchtlinge geben", sagt Kaiser. Es dürfe nicht mehr zu einem "Wettbewerb der idealsten Bedingungen" kommen. Der SPÖ-Landeschef: "Wer keine Chance auf Asyl hat, ist rückzuführen."

Mehr Rückführungen

Um Rückführungen auch geregelt abwickeln zu können, bedürfe es entsprechender Rückführabkommen mit Drittstaaten. Dafür sei ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen der EU-Mitgliedsländer notwendig."

Dem Vorschlag der SPÖ, Asylanträge nur noch in den Hotspots in EU-Grenzstaaten zuzulassen, steht Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte der Uni Wien und Ex-UN-Sonderberichterstatter über Folter, skeptisch gegenüber. Sollte dadurch das Stellen von Asylanträgen in Österreich selbst völlig verunmöglicht werden, käme dies einem Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gleich, sagt Nowak im Gespräch mit dem Standard.

Denn mit der Ratifizierung der GFK habe sich Österreich "verpflichtet, Asylverfahren durchzuführen", so wie alle anderen Vertragskonventionsstaaten auch. Also wäre die von der SPÖ vorgeschlagene Änderung erst nach einer Vergemeinschaftung des Asylwesens in der EU menschenrechtskonform: dann, wenn Österreich und die anderen EU-Mitgliedsländer ihre einzelstaatlichen Asylkompetenzen an eine unionsweit agierende Asylbehörde abgetreten hätten.

Wobei, so Nowak: "Auch eine EU-Asylbehörde sollte sinnvollerweise Filialen in allen Mitgliedstaaten haben" – nicht zuletzt, um das Stellen von Asylanträgen zu ermöglichen. Die Vergemeinschaftung des Asylwesens und die Schaffung einer EU-Asylbehörde hatte der Experte bereits vergangenen Herbst vorgeschlagen, um die flüchtlingspolitische Krise in Europa in den Griff zu bekommen.

Die Kärntner FPÖ bezeichnete das SPÖ-Programm als "naiv wie der Wunsch ans Christkind, dass die EU die Probleme lösen wird". (Irene Brickner, Walter Müller, 8.1.2016)