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"Die Mädchen, die heute im Geschäft sind, werden vielleicht sagen, dass ich lüge", sagt das Ex-Model Victoire Macon Dauxerre.

Foto: REUTERS/Joshua Lott

Paris – Drei Äpfel pro Tag, einmal in der Woche Fisch oder Huhn – mehr genehmigte sich Victoire Macon Dauxerre nicht, als sie noch Model war. In einem in Frankreich erschienenen Buch beschreibt sie ihren Weg vom Laufsteg in die Magersucht. "Niemand darf einen kranken Körper zum Schönheitsideal erheben, das ist kriminell", fasste die 23-Jährige ihre heutige Sicht auf den Magerwahn der Branche zusammen.

Mit 18 Jahren wurde Victoire Macon Dauxerre während einer Shoppingtour mit ihrer Mutter entdeckt, in nur acht Monaten legte sie eine Blitzkarriere als Model hin. Sie lief für große Namen wie Alexander McQueen, Celine, Miu Miu, in New York, Mailand und Paris: "Niemand sagte mir, Du musst Gewicht verlieren. Aber man sagte mir: Im September bist Du bei der Fashion Week, die Kleidergröße ist 32/34, da musst Du reinpassen". Sie hätte sofort aufhören sollen, bedauert sie heute. Inzwischen trägt sie Kleidergröße 38.

Damals aber gehorchte sie, hungerte sich innerhalb von zwei Monaten zehn Kilogramm herunter – und glitt in die Anorexie ab. Sie wog nur noch 47 Kilogramm bei einer Größe von 1,78 Metern, aber: "Je dünner ich wurde, desto fetter fand ich mich".

Gesetz des Schweigens

In ihrem Buch "Jamais assez maigre. Journal d'un top model" (Niemals dünn genug. Tagebuch eines Topmodels) beschreibt sie, wie andere Models bei Modenschauen vor laufender Kamera demonstrativ aßen, um hinterher alles wieder zu erbrechen – und wie sie selbst während der New Yorker Fashion Week vor Entkräftung auf der Straße zusammenbrach.

"Die Mädchen, die heute im Geschäft sind, werden vielleicht sagen, dass ich lüge", sagt Dauxerre. "Das tun sie aber nur, weil sie weitermachen wollen: In diesem Milieu herrscht das Gesetz des Schweigens". Schuld an dem "Mager-Diktat" gibt sie den Modehäusern: "Die DesignerInnen wollen androgyne Körper" statt fraulicher Kurven, sagt sie. Im Gegensatz zu den Supermodels der 1980er-Jahre, die "echte Persönlichkeiten waren", sollen die Models heute "hinter der Kleidung" verschwinden.

Gesetz gegen kranke Körpernormen

Als Dauxerre ihre Karriere aufgab, traf sie nur auf Unverständnis: "Alle sagten mir, 'Du führst ein Traumleben', aber ich war noch nie so unglücklich", erinnert sie sich. Sie litt unter Bulimie, versuchte, sich das Leben zu nehmen. Die Phase liegt hinter ihr, heute ist sie wieder voller Pläne und strebt eine Karriere als Schauspielerin an.

Dass Frankreich mit einem im Dezember verabschiedeten Gesetz gegen die Unsitte der Magermodels vorgeht und unter anderem ärztliche Bescheinigungen verlangt, findet Dauxerre gut. Sie bedauert nur, dass es vor fünf Jahren noch nicht in Kraft war, als sie sich selbst dem Diktat des Dünnseins unterworfen hatte: "Ein Arzt hätte sofort gesehen, dass mein Puls superniedrig war, dass ich Haare verlor, unter Osteoporose litt und keine Regelblutungen mehr hatte. Wenn der Teint schon fast grün ist, sieht man sofort, dass es ein Problem gibt". (APA, 8.1.2016)