Erwin Pröll: "Habe nie etwas anderes gesagt, als dass meine Lebensplanung die Hofburg nicht vorsieht."

Fischer

STANDARD: Warum haben Sie sich letztlich doch gegen eine Kandidatur entschieden?

Pröll: Das ist eine Entscheidung gewesen, die relativ lange gereift ist, aber letztlich war das eine logische Entscheidung. Meine Lebensplanung hat die Hofburg für mich nie vorgesehen gehabt, dieser Entschluss hat sich auch in letzter Zeit verfestigt. Ich habe das ja immer klar gesagt.

STANDARD: In der ÖVP ist man dennoch recht überrascht und zum Teil auch sehr enttäuscht von Ihrer Entscheidung.

Pröll: Da muss es in der Volkspartei keine Enttäuschung geben. Ich habe ja nie etwas anderes gesagt, als dass meine Lebensplanung die Hofburg nicht vorsieht.

STANDARD: Dennoch haben alle in der ÖVP fix mit Ihrer Kandidatur gerechnet.

Pröll: Es stimmt schon, es ist die Parteispitze auf mich zugekommen, auch die Landeshauptleute sind auf mich zugekommen und haben mir gesagt, es wäre ideal, wenn ich kandidiere. Ich habe die Argumente wirklich sehr ernsthaft abgewogen. Aber letztlich stand für mich fest: Nach 36 Jahren Regierungsarbeit in Niederösterreich, davon 23 Jahre als Landeshauptmann, ausgestattet mit einer absoluten Mehrheit und mit mehr als 300.000 Vorzugsstimmen – da fühle ich mich dem Land verpflichtet, das hat für mich Vorrang gegenüber der Hofburg. Bei dieser Entscheidung spielen auch Emotionen eine Rolle.

STANDARD: Welchen Einfluss hat Ihr Privatleben auf diese Entscheidung gehabt?

Pröll: Ich bin im 33. Lebensjahr in die Regierung gekommen, die Landespolitik hat mich immer sehr intensiv beschäftigt. Ich habe das immer auch mit meiner Frau besprochen und habe auch ihr gesagt, ich hätte mehr von den Kindern haben können. Ich habe gesagt, es kommt die Zeit, da werde ich mehr Zeit für die Enkelkinder haben. Jetzt bin ich immer noch in der Spitzenpolitik. Aber ich nehme mir schon die Zeit. Es stimmt, das Privatleben richtet sich nach dem Terminkalender als Landeshauptmann, das muss man sich einteilen. Das familiäre Umfeld wird von der Spitzenpolitik sehr belastet, das ist so.

STANDARD: Haben Sie sich bei Ihrer Entscheidung, für die Hofburg zu kandidieren oder eben nicht, mit Ihrer Familie beraten?

Pröll: Natürlich habe ich mich mit meiner Familie beraten, und alle haben mir versichert, wenn ich kandidiere, dann tragen sie das mit aller Kraft und Emotion mit. "Wir gehen mit dir, wenn du dich dafür entscheidest", haben sie gesagt.

STANDARD: Und dennoch haben Sie sich dagegen entschieden. Welche Rolle hat denn die Rufmordkampagne, mit der Sie im Internet konfrontiert waren gespielt?

Pröll: Das hat keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt. Ich bin es gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen, auch mit allen negativen Einflüssen. Meine Frau und meine Kinder waren immer auch öffentlich präsent, sie wissen Bescheid über die Anfeindungen, denen man da ausgesetzt ist. Aber die paar Feiglinge, die da im Internet anonym gegen meine Person gehetzt haben, die verblassen gegen den Zuspruch, den ich habe, gegen die vielen Vorzugsstimmen und die guten Wahlergebnisse. Diese Anfeindungen können für einen Politiker aber abschreckend sein. Man muss schauen, wer da überhaupt noch bereit ist, in die Politik zu gehen, wenn man sich gegen anonyme Anfeindungen so schwer wehren kann. Man muss sich auch überlegen, wie man sich da rechtlich besser wehren kann, wie man die rechtliche Abschreckung verbessern kann.

STANDARD: Werden Sie die gesamte Legislaturperiode in Niederösterreich als Landeshauptmann fertig machen?

Pröll: Ich habe immer gesagt, ich stehe für die Legislaturperiode zur Verfügung, daran hat sich nichts geändert.

STANDARD: Aber Sie werden sich wohl um Ihre Nachfolge kümmern?

Pröll: Das ist wie bei einem Bauernhof, der umsichtig geführt wird. Natürlich schaut man darauf, was nachher kommt. Das gehört zum Regierungsgeschäft, wenn man das verantwortungsbewusst betreibt. Das ist eine wesentliche Frage. (Michael Völker, 8.1.2016)