Erwin Pröll will 2016 nicht in die Hofburg wechseln.

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Wien/St. Pölten – "Man muss wissen, wo man hingehört": So begründete Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) am Freitag im APA-Gespräch, warum er nicht bei der Bundespräsidentenwahl antritt. Er habe Parteichef Reinhold Mitterlehner bereits vor Weihnachten abgesagt und das in einem Vieraugengespräch in St. Pölten am Donnerstag bestärkt.

Er habe schon lange vorher darauf hingewiesen, "dass in meiner Lebensplanung die Hofburg keinen Platz einnimmt". Das sei auch im Lauf der Diskussion über seine Kandidatur nicht anders gewesen.

"Das ist eine Verantwortung"

Er sei inzwischen 36 Jahre in Niederösterreich "mit sehr viel Einsatz und Emotion für das Land" tätig, davon 23 Jahre als Landeshauptmann. "Das kann man nicht wegwischen." Die Bevölkerung habe ihm dreimal "absolutes Vertrauen geschenkt". Bei den vergangenen zwei Wahlen habe er jeweils etwa 300.000 Vorzugsstimmen erhalten. "Das ist eine Verantwortung, die man spüren muss."

Was nun den Präsidentschaftskandidaten der ÖVP betrifft, geht Pröll davon aus, dass Mitterlehner mit Sicherheit gut analysiert hat und dem Bundesparteivorstand am Sonntag einen Vorschlag unterbreiten wird, von dem er annehme, dass er goutiert werde. "Die ÖVP kann eine Reihe von Kandidaten aufbieten, die das Zeug haben, das Amt in der Hofburg optimal auszuführen."

Mitterlehner weiß offenbar schon, wer ÖVP-Kandidat wird. Er habe seit Weihnachten Zeit gehabt, einen Kandidaten "zu suchen und zu finden", sagte er im "ZiB 2"-Interview am Donnerstagabend. Namen nannte der Parteichef allerdings nicht.

Unterstützer nehmen Absage zur Kenntnis

Jene, die sich öffentlich für eine Kandidatur Prölls starkgemacht hatten, nahmen die Absage zur Kenntnis. Dass diese Unterstützer nun desavouiert seien, wies ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald zurück. Diese Personen hätten nur auf entsprechende Journalistenfragen geantwortet, sagte McDonald im Ö1-"Mittagsjournal" am Freitag. Einer davon war Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Er habe Pröll vorgeschlagen, weil dieser "absolut die Fähigkeit" für das Amt gehabt hätte, sagte Platter am Freitag. Dessen Absage nehme er zur Kenntnis. Zu neuen ÖVP-Kandidaten hielt sich Platter am Freitag bei einer Pressekonferenz bedeckt: "Die Volkspartei hat hervorragende Persönlichkeiten, Damen und Herren."

Pröll habe immer gesagt, dass das nicht in seine Lebensplanung passe und er wisse, wo er hingehöre, sagte Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel. "Das ist für ihn ganz offensichtlich Niederösterreich." Er sei jetzt überzeugt, dass Mitterlehner eine "ausgezeichnete und in höchstem Maße geeignete Persönlichkeit" vorschlagen werde. "In der ÖVP gibt es glücklicherweise sehr viele höchst geeignete Persönlichkeiten – sowohl Frauen als auch Männer."

Spekulationen um ÖVP-Kandidaten

Bis zum Sonntag dürfte nun weiter spekuliert werden. Immer wieder genannt werden Justizminister Wolfgang Brandstetter, Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, Ex-Raiffeisen-Generalanwalt und Flüchtlingskoordinator Christian Konrad und der langjährige EU-Abgeordneten Othmar Karas. Aber auch der ehemalige EU-Kommissar und nunmehrige Präsident des IHS-Kuratoriums, Franz Fischler, und Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer gelten als mögliche Kandidaten.

In der ÖVP ist von einer "starken Persönlichkeit" mit Politikerfahrung die Rede. Konrad winkte gegenüber der APA am Freitag klar ab: "Eine Kandidatur wird ausgeschlossen." Auch Pühringer schloss eine Kandidatur in der oberösterreichischen "Kronen Zeitung" aus. Leitl sagte, dass es vor Sonntagabend keine Stellungnahme dazu geben werde. Er werde auf die Vorschläge des Parteichefs warten. Auch wer Leitls Wunschkandidat wäre, wollte er nicht verraten. Karas hat mitgeteilt, dass er nicht der Kandidat Mitterlehners sei.

Häme von den Freiheitlichen

Mit Häme kommentierte die FPÖ Prölls Nichtantreten. Dieser folge damit dem "vom ihm selbst aufgestellten Gesetz der Serie – zuerst anzukündigen um dann wieder zurückzuziehen", meinte Generalsekretär Herbert Kickl. "Durch seine Nichtkandidatur macht sich Niederösterreichs Landeshauptmann endgültig zum Hätti-wari-Präsidenten. Hätte ich kandidiert, hätte ich gewonnen ..."

Bereits fix ist die Kandidatur Alexander Van der Bellens. Er gab am Freitag in einem Youtube-Video bekannt, dass er als unabhängiger Kandidat antreten wird.

Hundstorfer zurückhaltend

Für Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist Prölls Entscheidung "zur Kenntnis zu nehmen". Weiter kommentieren wollte der mögliche SPÖ-Präsidentschaftskandidat die Entscheidung am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" nicht. Auch ob er selbst nun antreten will, wollte Hundstorfer nicht verraten. Er verwies neuerlich auf die Parteigremien am 15. Jänner, wo die Entscheidung fallen soll.

"Moralische Instanz"

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hofft, dass der neue Bundespräsident eine "moralische Instanz" sein wird, die auch die Alltagssorgen der Menschen im Auge hat. Seine Partei habe dafür einige geeignete Personen, meint Schieder im APA-Interview. Wen die ÖVP nominiert, ist Schieder egal.

Die SPÖ habe jedenfalls gleich einige Kandidaten, die das Anforderungsprofil für ein Staatsoberhaupt erfüllen könnten. Dieses ist für ihn ein Ausgleich zwischen Randgruppen und dem Zentrum der Gesellschaft. Zudem müsse der Präsident sowohl grundsatzpolitische Positionen einnehmen als auch Alltagsfragen wahrnehmen.

Kandidaten anfassen

Eine Gelegenheit zum Kennenlernen des roten Kandidaten böte sich bereits kommenden Montag, für den der SPÖ-Klub nicht nur die eigene Fraktion sondern auch Kommunalpolitiker aus dem gesamten Bundesgebiet zu einer Tagung nach Wien gebeten hat. Zwar wird da die Hofburg-Wahl kein offizielles Thema sein. Doch wenn die Kommunalpolitiker schon einmal die Gelegenheiten nutzten, um potenzielle Kandidaten "anfassen zu können und live zu spüren", sei dies durchaus ein gewünschter Nebeneffekt, so Schieder.

Herr Luxemburg tritt an

Einer, der kein Hehl aus seiner Kandidatur macht, ist Adrien Luxemburg, im Gegenteil: Der Unternehmer, Mediator, Journalist, Kulturblogger und Dokumentarfilmer bekräftigte seinen Wunsch nach einem Antreten als "einziger wirklich unabhängiger Kandidat für die Präsidentschaft" am Donnerstag. Er kandidiere als "normaler Staatsbürger", seinen Wahlkampf will er über das Internet führen. Vorerst braucht Luxemburg, der als Adrien Weber geboren wurde, erst einmal 6.000 Unterstützungserklärungen für seine Kandidatur. (red, APA, 8.1.2016)