Das schreckliche Jahr 2015 hat für Libyen immerhin mit einem Hoffnungsschimmer geendet: Einige wichtige Akteure verständigten sich unter UN-Vermittlung auf die Zusammenführung der beiden zerstrittenen Parlamente/Regierungen in Tripolis und Tobruk. Diese entstehende "Regierung der Übereinkunft" sollte nicht nur den Krieg zwischen den beiden großen Lagern und ihren kleinen Fraktionen beenden helfen, sondern der internationalen Gemeinschaft auch endlich wieder einen national legitimierten Ansprechpartner verschaffen.

Das ist deshalb so wichtig, weil dem Land dringend von außen geholfen werden muss, sich gegen den einsickernden "Islamischen Staat" (IS) zu wehren. Noch ist die Anzahl der IS-Kämpfer relativ gering – laut dem österreichischen Libyen-Experten Wolfgang Pusztai etwa 3500 -, aber tausende libysche Jihadisten könnten in den nächsten Monaten aus dem Ausland zurückkehren. Libyen wird für den IS als Rückzugsgebiet umso interessanter, je schwieriger es in Syrien und im Irak für ihn wird.

Zu Beginn des Jahres 2016 wächst nun allerdings die Sorge, ob die politische Lösung – oder der Ansatz dazu, bisher ist es nicht mehr – nicht zu spät kommt. Der IS trifft die Versuche, den Staat wieder auf die Beine zu bringen, ins Herz: Vor der Küste brennen die Ölschiffe, Rekruten für nationale Sicherheitskräfte werden umgebracht. Die Zeit, Libyen zu helfen, läuft aus. (Gudrun Harrer, 7.1.2016)