Bis Juni sollen die Gesetze zur Schulreform stehen. Dafür braucht die Regierung die Stimmen der Grünen oder der FPÖ.

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Wien – Die Grünen stellen neue Forderungen für die Verhandlungen zur Bildungsreform. Damit die Oppositionspartei SPÖ und ÖVP die nötige Mehrheit beschafft, müsse nicht nur die Grenze für die Modellregionen zur Gesamtschule fallen, sondern die Schulorganisation gänzlich zum Bund wandern. Die geplanten Bildungsdirektionen sollten vollständig in Bundesverwaltung kommen, forderte der grüne Bildungssprecher Harald Walser auf einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Derzeit sieht der Entwurf der Regierung für die Bildungsreform vor, dass neu einzuführende Bildungsdirektionen als "Bund-Länder-Behörde" agieren. Der Direktor soll auf Vorschlag des Landeshauptmanns für fünf Jahre ernannt werden, untersteht als Bundesbeamter aber der Bildungsministerin. Wenn das so kommt, erwartet Walser noch höhere Kosten für den Bund. "Weniger Kompetenzwirrwarr ist dadurch nicht zu erwarten", sagt der Abgeordnete. Das gelte es als Grüne zu verhindern. "Es muss klar sein, dass die Bildungsdirektion als Bundesbehörde eingerichtet wird."

"Mir geht das zu langsam"

SPÖ und ÖVP brauchen entweder die Grünen oder die Freiheitlichen, um die Bildungsreform beschließen zu können, da dafür eine Zweidrittelmehrheit nötig ist. Die FPÖ hat bereits abgewunken, bleiben also nur die Grünen. Bisher gab es laut Walser eine Verhandlungsrunde im Dezember, die nächsten Gespräche folgen Ende Jänner. "Mir geht das alles zu langsam", sagt der Bildungssprecher. Zudem seien die Gespräche bisher nicht sehr konkret gewesen. Die Regierung hat sich vorgenommen, bis Juni die gesetzlichen Voraussetzungen für die Reform zu schaffen.

Als Bedingung für ihre Zustimmung haben die Grünen bisher gefordert, dass die Prozentgrenze für Modellregionen zur Gesamtschule fällt. Derzeit sieht das Reformpapier vor, dass mehrere Schulen in einem Verbund die gemeinsamen Schule der Sechs- bis 14-Jährigen testen können. Eine Modellregion darf aber nur Teile eines Bundeslands umfassen, und in keinem Land dürfen mehr als 15 Prozent aller Schulstandorte der jeweiligen Schulart beziehungsweise aller Schülerinnen und Schüler beteiligt sein. Das lehnen die Grünen ab. Sie wollen, dass auch ganze Bundesländer – wie etwa Vorarlberg – Modellregionen werden dürfen.

Hohes Einsparungspotenzial

Neben ihren Forderung zur Bildungsreform sehen die Grünen zudem im Bildungssystem ein Einsparungspotenzial im dreistelligen Millionenbereich. Rechnungshofsprecherin Gabriele Moser und Walser haben auf 21 Seiten Rechnungshofberichte zum Schulsystem von 2012 bis 2015 zusammengefasst. Der Schluss, den Moser daraus zieht: "Sehr viel Steuergeld versickert oder landet in den falschen Taschen."

Der Rechnungshof stelle immer wieder fest, dass es im Schulbereich eine zersplitterte Kompetenzlage gebe. Das sei der Kardinalfehler, aus dem sich ein Rattenschwanz an Detailfehlern ergebe, sagt Moser. Derzeit sind der Bund, die Länder, die Gemeinden und die Schulen selbst in die Verwaltung eingebunden. In Tirol etwa waren laut Rechnungshof im Jahr 2014 insgesamt 21 Behörden mit den Agenden der Bundes- und der Landeslehrer befasst.

So sieht der Rechnungshof auch bei kleinen Verwaltungsaufgaben ein hohes Einsparungspotenzial. Wenn nicht die Pädagogen, sondern anderes Personal Verwaltungsaufgaben wie Administration, Bibliothek und IT-Betreuung übernehmen würden, könnte man demnach bis 13 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Jene sechs Millionen Euro Einsparungen, die sich die Regierung vorgenommen habe, könnten also lediglich ein "schlechter Neujahrsscherz" sein, sagt Walser. (Lisa Kogelnik, 7.1.2016)