Flüchtlinge und Migranten am slowenisch-österreichischen Grenzübergang Sentilj marschieren auch bei Kälte in Richtung Norden.

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Wien – Nach dem Koalitionsstreit zwischen SPÖ und ÖVP um Obergrenzen bei Flüchtlingen zeigen sich die Bundesregierungsparteien auch beim Thema Grenzkontrollen uneinig. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka forderte via Tageszeitung Österreich verschärfte Grenzkontrollen in Österreich, sollte es der EU nicht gelingen, die Außengrenzen zu sichern und Asylwerber gerechter zu verteilen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid befürwortet zwar einen strikteren Schutz der EU-Außengrenzen. Schärfere nationale Grenzkontrollen lehnte er aber ab. "Wenn jedes Land beginnt, sich einzeln abzuschotten, ist die Europäische Union Geschichte", sagte Schmid am Sonntag dem STANDARD.

Wirtschaftsflüchtlinge rückführen

Laut Schmid müsse aber mehr getan werden, um eine "konsequente Rückführung von Wirtschaftsflüchtlingen" sicherzustellen. "Hier sind vor allem Außenminister und Innenministerin auf europäischer Ebene gefordert." Es könne nicht sein, dass Flüchtlinge, "die Schutz vor Verfolgung und Tod benötigen, diesen nicht bekommen, weil sich andere unter diesem Vorwand schlicht ihre Lebenssituation verbessern wollen".

Diese Kontrolle müsste an den EU-Außengrenzen passieren, damit nur jene, die das Recht auf Asyl haben, dieses auch erhalten.

Grenzkontrollen im grenzkontrollfreien Raum

Jenen Flüchtlinge, "die nur kommen, weil sie sich hier mehr Geld erhoffen", müsste klar gesagt werden, "dass sie wieder in ihre Länder zurückkehren müssen", sagte Schmid. Lopatka sagte im Österreich -Interview, dass aktuell "immer mehr Algerier und Marokkaner zu uns" kämen. Die Wiedereinführung von nationalen Grenzkontrollen im eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raum beschäftigt auch die EU-Kommission. Innenkommissar Dimitris Avramopoulos traf sich am Mittwoch mit hochrangigen Vertretern von Deutschland, Dänemark und Schweden – also jenen Ländern, die wieder an den eigenen Grenzen kontrollieren.

"Schengen und die Personenfreizügigkeit müssen für die Bürger und für die Wirtschaft gleichermaßen gerettet werden", sagte Avramopoulos.

Erst 272 Flüchtlinge EU-weit verteilt

Der schwedische Migrationsminister Morgan Johansson verwies hingegen darauf, dass sein Land im Vorjahr 160.000 Schutzsuchende aufnahm. "Wir können viel tun, aber nicht alles."

Er plädierte angesichts dieses Rekordwertes darauf, dass die EU-weite Umverteilung in Kraft gesetzt werden müsse. Von den bislang vereinbarten 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien sind laut EU-Kommission aber erst 272 Flüchtlinge in andere EU-Staaten verteilt worden.

476.000 Asylanträge 2015 in Deutschland

In Österreich werden die Asylantragszahlen vom Innenministerium für das Jahr 2015 noch ausgewertet, es dürften rund 95.000 Asylanträge sein. In Deutschland teilte Innenminister Thomas de Maizière am Mittwoch mit, dass fast 1,1 Millionen Asylsuchende registriert worden seien – so viele wie noch nie. Asylanträge wurden in Deutschland im Jahr 2015 insgesamt 476.600 gestellt. (David Krutzler, 6.1.2015)