Die Budapester Stadtverwaltung hat am Wochenende damit begonnen, Litfaßsäulen des Werbeunternehmens Mahir-Cityposter aus einigen Straßenzügen zu entfernen. Das Rathaus ist fest in der Hand der Fidesz-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Mahir-Cityposter wiederum gehört dem Oligarchen Lajos Simicska, einem engen Weggefährten Orbáns aus dessen politischen Anfangszeiten.

Doch seit mehr als einem Jahr sind Orbán und Simicska verfeindet, zwischen ihnen tobt Krieg. Hintergrund der jüngsten Eskalation: Im Vorjahr hatte die Stadtverwaltung einseitig den Vertrag mit Simicskas Werbefirma gekündigt. Diese hätte bis zur Jahreswende von sich aus ihre rund 760 Litfaßsäulen aus der Stadt entfernen sollen. Simicska aber betrachtet die Kündigung des noch 15 Jahre laufenden Vertrags als Rechtsbruch. Am 11. Jänner beginnt in Budapest ein Gerichtsprozess, der diese Frage klären soll.

Als am Wochenende die ersten Litfaßsäulen abgetragen waren, schickte Simicska Kapuzenmänner seiner Sicherheitsfirma aus, um die anderen Säulen zu schützen. An der Stelle ausgerissener Werbeträger ließ er umgehend neue aufstellen. Daraufhin drohte Orbáns Sicherheitsberater György Bakondi am Montag mit großen Polizeieinsätzen.

Orbán ist jetzt "Abschaum"

Simicska war in der Frühzeit der Fidesz Orbáns Mann für die Parteifinanzen. Mit zum Teil umstrittenen Methoden schaffte er das nötige Geld für teure Kampagnen heran. Die früher kommunale Firma Mahir-Cityposter – in etwa mit der Wiener Gewista vergleichbar – brachte er im Rahmen der Privatisierungen nach der Wende unter seine Kontrolle. Das Unternehmen ist heute ein eher kleiner Mosaikstein in Simicskas Firmenimperium, das vor allem in Zeiten, in denen Orbán regierte (1998–2002 und seit 2010), massiv anwuchs.

Zum Bruch kam es, weil Simicska dem mit harter Hand regierenden Orbán zu mächtig wurde. Der Regierungschef begann aus diesem Grund vor zwei Jahren, Simicskas Handlanger aus den Ministerien und Ämtern zu entfernen, in denen über die Vergabe jener lukrativen – und meist EU-finanzierten – Aufträge entschieden wird, von denen Simicskas Imperium bis dahin fürstlich gelebt hatte. Im vergangenen Februar trat der ansonsten jede Medienöffentlichkeit scheuende Tycoon überraschend ins Rampenlicht, um seinen Ex-Intimus Orbán als "Abschaum" zu beschimpfen.

Umstrittener Senderverkauf

Im Oligarchen-Krieg gibt es indes mehrere Fronten. So erwarb neulich der von Premierminister Orbán vorgeschickte ehemalige Filmproduzent Andrew Vajna den zweitgrößten privaten Fernsehsender des Landes, TV 2. Doch Simicska droht dem Orbán-Mann, in die Suppe zu spucken: Kaum hatte Vajna den Deal verkündet, ließ Simicska ausrichten, dass bereits Tage zuvor eine von ihm kontrollierte Firma ihr Vorkaufsrecht an TV2 geltend gemacht hätte. Der Sender wäre demnach ein zweites Mal – und illegal – an Vajna verkauft worden. Auch diese Frage werden demnächst die Gerichte klären müssen.(Gregor Mayer aus Budapest, 5.1.2016)