Madrid/Barcelona – Der Chef der spanischen Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, hat den Sozialdemokraten (PSOE) angeboten, gemeinsam eine neue Regierung unter dem bisherigen konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu verhindern. "Wir werden Spaniens Führung nicht Mariano Rajoy überlassen", sagte Iglesias am Sonntag vor dem Leitungsgremium seiner Partei.

Er forderte die PSOE auf, ihr "Theater zu beenden" und "klar zu sagen", was sie wolle. Offiziell lehnt die größte Oppositionspartei PSOE einen Amtsverbleib Rajoys und eine Zusammenarbeit mit dessen Volkspartei (PP) bisher ab.

Für Katalonien-Referendum

Iglesias bekräftigte zugleich sein Eintreten für einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit Kataloniens. Die PSOE-Führung lehnt das ab. Der PSOE-Abgeordnete Rafael Simancas antwortete Iglesias am Sonntag, die Mehrheit der Spanier habe bei der Parlamentswahl am 20. Dezember für den Wandel gestimmt. Die "großen Veränderungen" hätten Vorrang vor dem Beharren auf einem Volksentscheid über die katalanische Frage.

Die spanischen Wähler hatten dem seit der Übergangsphase nach dem Tod des Diktators Francisco Franco im Jahr 1975 und der politischen Wende von 1982 funktionierenden Zweiparteiensystem bei der Parlamentswahl eine Absage erteilt. Die Zahl der Mandate von Rajoys Volkspartei nahm um 63 auf 123 ab. Die Oppositionspartei PSOE, die wiederholt die Regierung stellte, kam auf nur noch 90 Sitze. Podemos und die liberale Partei Ciudadanos zogen als dritt- und viertstärkste Kraft mit 69 beziehungsweise 40 Abgeordneten ins Parlament ein.

Keine Mehrheit

Die absolute Mehrheit liegt bei 176 von 350 Parlamentssitzen. König Felipe VI. als Staatsoberhaupt obliegt es, nach Gesprächen mit den Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Parteien einen Regierungschef vorzuschlagen. Dieser kann jedoch erst sein Amt übernehmen, wenn das Parlament ihm mehrheitlich das Vertrauen ausspricht.

Ohne die Stimmen von Podemos und PSOE hat Rajoy keine Mehrheit. Die liberale Partei Ciudadanos kündigte bereits an, dass sie sich bei einer Abstimmung über eine Fortsetzung der PP-Regierung enthalten werde. Die konstituierende Sitzung des Parlaments ist für den 13. Januar vorgesehen. Sollte der Prozess der Regierungsbildung nach zwei Monaten nicht abgeschlossen sein, muss der König Neuwahlen ansetzen. (APA, 3.1.2016)