Eine neue Methode verrät ziemlich exakt die Oberflächenschwerkraft von Sternen.

Illu.: ESO/L. Calçada
Grafik: Jaymie Matthews and Thomas Kallinger

Wien – Wiener Astronomen haben eine neue Methode vorgestellt, um die Schwerkraft an der Oberfläche von Sternen zu berechnen. Wie sie im Fachjournal "Science Advances" berichten, lässt sich anhand der Helligkeitsschwankungen dieser Wert sehr genau für viel mehr Sterne als bisher bestimmen. Wichtig ist dies nicht nur, um das Alter der Sterne, sondern auch um Größe und mögliche Bewohnbarkeit von deren Planeten zu ermitteln.

Aus den Helligkeitsschwankungen von Sternen können die Astronomen viele Informationen herauslesen. So wurden in den vergangenen Jahren mit der sogenannten Transitmethode Tausende extrasolare Planeten entdeckt. Jedes Mal, wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht, führt dies zu einer geringfügigen Abdunkelung, die gemessen werden kann.

Aus der Stärke des Helligkeitsabfalls lässt sich dann der Durchmesser des Exoplaneten berechnen – "allerdings nur in Einheiten des Radius des jeweiligen Sterns, also nicht absolut, sondern relativ zum Stern", erklärte Thomas Kallinger vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Wenn man nicht genau wisse, wie groß der Stern ist, kennt man auch die Größe des Planeten nicht.

Aber auch Schwingungen im Inneren des Sterns führen zu Veränderungen von dessen Helligkeit. Solche Schwingungen werden von Turbulenzen im Sterneninneren verursacht, vergleichbar dem kochenden Wasser in einem Teekessel – dieses Phänomen wird Konvektion genannt. So wie Erdwissenschafter aus der Ausbreitung von Erdbebenwellen auf den Aufbau der Erde rückschließen, lassen sich diese Schwingungen nutzen, um auf das Innenleben der Sternen zu schließen.

Nützliche Schwerkraft-Daten

Kallinger hat mit Kollegen aus Deutschland, Kanada, Frankreich und Australien Daten von etwa 1.300 Sterne ausgewertet, die von dem seit 2009 in der Erdumlaufbahn kreisenden NASA-Weltraumteleskop "Kepler" aufgenommen wurden. Dabei fanden die Forscher heraus, dass sich aus den durch Konvektion verursachten Helligkeitsschwankungen der Sterne ihre Oberflächengravitation mit sehr hoher Genauigkeit bestimmen lässt. Denn Schwerebeschleunigung, Masse und Radius eines Sterns hängen direkt zusammen. Und kennt man die Größe der Schwerkraft auf der Sternenoberfläche, kann man auf die Größe des Sterns rückschließen – und damit auf die Größe seiner Planeten.

Es zeigte sich, dass die Zeitskala der Helligkeitsschwankungen indirekt proportional zur Oberflächenbeschleunigung ist. Also je langsamer sich die Helligkeit verändert, desto geringer ist die Gravitation an der Oberfläche des Sterns.

Es gebe zahlreiche Methoden zur Abschätzung der Oberflächengravitation, alle hätten Vor- und Nachteile, sagte Kallinger. "Das Schöne an unserer Methode ist, dass man damit auch viel lichtschwächere Sterne als bisher abschätzen kann, ohne dass dabei die Genauigkeit wesentlich schlechter wird, was bei allen anderen Verfahren der Fall ist."

Auf vier Prozent genau

Andere Methoden würden bei sehr hellen Sternen sehr gut funktionieren, bei schwach leuchtenden Sternen aber nur sehr ungenaue oder gar keine Ergebnisse liefern. Das "Autocorrelation Function Timescale Technique" genannte neue Verfahren ermögliche dagegen selbst bei lichtschwachen Sternen mit stark verrauschten Messungen einen Berechnungsgenauigkeit von etwa vier Prozent.

Damit könne nicht nur mittels der hochpräzisen Lichtkurven Hunderttausender Sterne, die "Kepler" geliefert hat, die Oberflächenbeschleunigung bestimmt werden, ohne dafür kostenaufwändige Zusatzbeobachtungen machen zu müssen. Auch bei zukünftigen, ähnlich arbeitenden Missionen wie "PLATO" von der Europäischen Weltraumorganisation ESA oder "TESS" von der NASA ist die Methode relevant. Zudem können die Wissenschafter aus der Schwerkraft an der Oberfläche auch auf den Entwicklungszustand und damit indirekt auf das Alter des Sterns schließen. (APA, red, 3.1.2016)