Terroralarm in München, Absage der offiziellen Silvesterfeiern samt Feuerwerk in Brüssel, überhastete und völlig unnötige Räumung des Stephansplatzes in Wien wegen eines abgestellten Fahrrads(!): Die Furcht vor islamistischen Terroranschlägen in der Silvesternacht mag naheliegend erschienen sein. Doch sie erwies sich als unbegründet – wieder einmal.

2015 war mit den Anschlägen in Paris und in Kopenhagen eine langjährige Ausnahme für Europa. In den zehn Jahren davor verzeichnete Europol jeweils zwischen null und sieben, einmal aber auch 17 Tote – und das bei einer Einwohnerzahl von über 500 Millionen Menschen. Das blutigste Jahr, 2011, wies 79 Tote aus; wobei 77 auf das Konto des norwegischen Rechtsextremisten und Islamhassers Anders Behring Breivik gingen. Zum Vergleich: Alljährlich werden im europäischen Straßenverkehr über 25.000 Menschen getötet; weitere 1,4 Millionen sterben an Krebs, noch mehr an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Doch während diese Zahlen weder Unruhe noch Panik auslösen und oft nicht einmal zu einem vernünftigeren persönlichen Lebensstil motivieren, scheint eine Handvoll Menschen leichtes Spiel zu haben, mit Drohvideos und vereinzelten Taten großflächig Angst zu säen. Die Aufgabe von Politik und Medien wäre es, die Relationen zurechtzurücken. Oft aber verzerren sie sie aus fehlgeleitetem Kalkül und spielen damit ihren Gegnern direkt in die Hände. (Gianluca Wallisch, 2.1.2016)