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Raúl Castro fordert die Rückgabe der US-Militärbasis Guantánamo.

Foto: Ismael Francisco/Cubadebate via AP

Havanna/Washington – Ein Jahr nach Beginn der vorsichtigen Annäherung an den einstigen Erzfeind USA hat Kubas Präsident Raúl Castro die Souveränität der sozialistischen Karibikinsel betont. Damit der Normalisierungsprozess weitergehen könne, müsse die US-Regierung Kubas Recht anerkennen, sein wirtschaftliches, politisches und soziales Modell selbst zu wählen, sagte Castro am Dienstag vor der Nationalversammlung.

"Niemals werden wir Bedingungen akzeptieren, die die Souveränität und Würde des Vaterlands beschneiden", sagte der Staatschef. "Es darf keine Einmischung in innere Angelegenheiten geben." Laut dem Nachrichtenportal Cubadebate forderte der 84-Jährige die Aufhebung des US-Handelsembargos gegen Kuba und die Rückgabe der Marinebasis Guantánamo.

Washington und Havanna hatten am 17. Dezember 2014 eine historische Wende in ihren seit Jahrzehnten schwer belasteten Beziehungen eingeleitet. Diese sollen nun allmählich normalisiert werden. Im Juli wurden Botschaften in beiden Hauptstädten wiedereröffnet.

Auch gegenüber dem Rest der Welt wolle sich Kuba neu positionieren, sagte Castro vor dem Parlament, das zweimal im Jahr zusammentritt. Die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu anderen Ländern würden nun in eine neue Etappe eintreten.

Schuldenerlass

Deutlichster Beweis für die neue Richtung sei der jüngste Schuldenerlass des Pariser Clubs. Die Gläubigerstaaten hatten Kuba Mitte Dezember Schulden in Höhe von vier Milliarden US-Dollar erlassen. Das Abkommen ermögliche Kuba einen besseren Zugang zu den Kapitalmärkten, um Investitionen zu finanzieren, sagte Castro der Nachrichtenagentur Prensa Latina zufolge.

Im kommenden Jahr strebt das Land ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent an. 2015 hatte die Volkswirtschaft des sozialistischen Karibikstaats noch vier Prozent zugelegt. "Mitten in der weltweiten Krise zu wachsen ist etwas Positives. Und zwei Prozent Wachstum im kommenden Jahr sind auch gut", sagte Wirtschafts- und Planungsminister Marino Murillo.

Kuba wolle die Produktion steigern und die Importe senken, sagte er. "Alles, was wir in Kuba produzieren können, sollten wir auch hier herstellen", sagte Murillo vor den Abgeordneten in Havanna. "Es ist besser, Rohstoffe zu importieren und sie hier weiterzuverarbeiten, als die fertigen Produkte auf dem Weltmarkt zu kaufen."

Trotz des soliden Wachstums im ausklingenden Jahr blieben die Landwirtschaft, die Zuckerindustrie sowie das Bau- und Transportwesen hinter den Erwartungen der Regierung zurück. Der Staat werde künftig stärker in gewinnbringenden Sektoren wie Tourismus, Biotechnologie und Energie investieren, kündigte Minister Murillo an. (APA, 30.12.2015)