Auch wenn er nur Pflanzen frisst, sorgt der Biber immer wieder für Probleme: Seine Dämme können zu Überschwemmungen führen, Böschungen können durch seine Grabetätigkeiten instabil werden.

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Wien – Man macht sich meist keine Vorstellung davon, wie groß Biber sind: Vom Kopf bis zum Rumpf messen sie bis zu einem Meter. Dazu kommt dann noch der rund 30 Zentimeter lange, platte Schwanz. Mit bis zu 30 Kilo ist der Biber das größte und schwerste Nagetier Europas und war früher zwischen Skandinavien und Südfrankreich sowie bis nach Sibirien und in die Mongolei verbreitet. Doch schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war er in ganz Europa fast ausgerottet.

Schuld daran war seine gnadenlose Verfolgung. Sein dichtes Fell, das zu wärmenden Mänteln und Mützen verarbeitet wurde, war ebenso begehrt wie der ganze Biber, der als Fisch galt und daher als Fastenspeise zugelassen war. Wichtiges Objekt der menschlichen Begierde war jedoch auch das sogenannte Bibergeil oder Castoreum: Dabei handelt es sich um ein Sekret, mit dem beide Bibergeschlechter ihr Territorium markieren und das in zwei speziellen, zwischen After und Geschlechtsorganen gelegenen Drüsensäcken erzeugt wird.

Biber-Comeback

Das getrocknete Sekret wurde zu Pillen, Pulvern, Salben und Tinkturen verarbeitet. Deren Anwendungsspektrum reichte von Fieber und Schmerzen über Verstopfung, Rheuma, Gicht, Epilepsie und Tuberkulose bis zu Schwerhörigkeit und Blindheit. Bei den meisten dieser Anwendungen handelt es sich zwar um Aberglauben. Eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung ist dem Bibergeil allerdings nicht abzusprechen und dürfte auf Salicin beruhen, dem natürlichen Ausgangsstoff des Aspirins. Es ist in der Rinde von Weiden enthalten, und die sind die Leibspeise der Biber.

Erst seine Unterschutzstellung im Verein mit gezielten Wiederansiedelungen ermöglichte ab den 1960er-Jahren das Comeback des Bibers in Europa. In Österreich wird der Bestand derzeit auf rund 5.900 Tiere geschätzt, von denen etwa 3.900 in Niederösterreich leben. Die Zunahme der Bestände stößt freilich nicht bei allen Menschen auf Begeisterung. Zwar ernährt sich der Biber ausschließlich von Pflanzen und stellt daher kein Problem für die Fischerei dar.

Doch seine Lebensweise bringt ihn manchmal in Konflikt mit dem Menschen: Biber graben ihre Bauten in die Böschungen von Gewässern, wobei der Eingang immer unter Wasser liegen muss. Sinkt der Wasserstand zu stark ab, errichten sie die bekannten Dämme und stauen damit ihr Wohngewässer auf die gewünschte Tiefe von 50 bis 100 Zentimetern.

Durch die Grabetätigkeit des Bibers können Böschungen instabil werden; durch ihre Dämme kann es zu Überschwemmungen angrenzender Kulturflächen oder Freizeiteinrichtungen kommen. Aus diesem Grund gehört der streng geschützte Biber in manchen Gebieten zu den "Problemarten", was mit ein Grund war, ihn zum Tier des Jahres 2016 zu wählen. In einigen Bundesländern gibt es mittlerweile ein eigenes Biber-Management, das im Bedarfsfall zwischen den Anliegen des Biberschutzes und denen von Grundeigentümern vermittelt.

Lebenslange Einehe

Wo man sie lässt, leben Biber in lebenslanger Einehe und mit ihren ein- und zweijährigen Jungtieren am Ufer von Flüssen und Seen, an denen Pappeln und Weiden wachsen. Während sie im Sommer rund 150 verschiedene Pflanzenarten fressen, ernähren sie sich im Winter vor allem von deren Knospen und Rinde. Um an ihre Kronen zu gelangen, fällen Biber mithilfe ihrer massiven Nagezähne Bäume: Eine acht Zentimeter dicke Weide ist in fünf Minuten durchgenagt. In flachem, wasserreichem Gelände legen die Biber auch Kanäle an, auf denen sie schwimmend Holz zu ihrem Bau transportieren. Winterschlaf halten sie keinen, stattdessen häufen sie im Wasser vor ihrer Burg einen Vorrat von Zweigen und Ästen an.

Auch die Paarung zwischen Jänner und April spielt sich unter Wasser ab. Rund drei Monate danach kommen meist zwei oder drei Junge zur Welt, die von Anfang an behaart sind und sehen können. Schon nach einer Woche fangen sie an, pflanzliche Kost zu sich zu nehmen, werden aber die ersten zwei bis zweieinhalb Lebensmonate auch gesäugt. Mit vier bis sechs Wochen unternehmen sie die ersten Ausflüge in die Umgebung, bleiben allerdings bis zu ihrer Geschlechtsreife, die mit zwei bis drei Jahren eintritt, im elterlichen Revier.

In den Donau-Auen östlich von Wien wurde der Biber-Bestand erstmals vor etwa 20 Jahren erfasst. Die rund 120 Reviere scheinen sich in der Zwischenzeit kaum verändert zu haben. Um ihre Ausdehnung besser beurteilen zu können, werden im Nationalpark Donau-Auen im Winter alle Gewässer kleinräumig auf Aktivitäten von Bibern untersucht.

Die Landschaftsgestaltung des Bibers kommt übrigens nicht nur ihm selbst zugute: Er schafft dabei auch vielfältige Lebensräume für andere, darunter für bedrohte Tierarten wie etwa die Sumpfschildkröte, die gefällte Stämme als Sonnenplatz braucht. (Susanne Strnadl, 30.12.2015)