Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und Wirtschaftkammer-Österreich-Präsident Christoph Leitl im Juni 2014 anlässlich eines Vortrags Putins in Wien.

APA/HERBERT NEUBAUER

Matroschka hat nichts zu lachen. Die soziale Lage in Russland hat sich verschlechtert.

Foto: HO

Wien – Die von der Europäischen Union kurz vor Weihnachten um weitere sechs Monate verlängerten Sanktionen gegen Russland stoßen in der Wirtschaft vieler Mitgliedstaaten auf starke Kritik. Zur Erinnerung: Ohne den Ratsbeschluss wären die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland Ende Jänner ausgelaufen.

Besonders in Deutschland wächst der Ärger. Nachdem die russische Regierung in den vergangenen Monaten Signale der Deeskalation ausgesandt habe, hätte die Wirtschaft sich "von den EU-Regierungschefs deutlich mehr Mut gewünscht, auf Russland zuzugehen", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Wirtschaft, Eckhard Cordes, der "Süddeutschen Zeitung".

Vom Saulus zum Paulus

Eine Aussage, die den Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, überrascht. Denn zu Beginn hätten deutsche Unternehmen massiv hinter den Sanktionen gestanden, sagte er im Gespräch mit dem STANDARD. Die deutsche Wirtschaft habe sich in dieser Frage vom Saulus zum Paulus gewandelt. In der Zwischenzeit hätten die Wirtschaftstreibenden offenbar gelernt, dass die Sanktionen "Unsinn sind und nichts bewegen", betonte Leitl.

Gelöst werden könnte der Konflikt nur durch direkten Kontakt, ist er überzeugt. Wenn die Verständigung zwischen Österreich und Russland langfristig klappen soll, "brauchen wir eine Vertrauensbasis, denn beide Seiten haben durch die Sanktionen einen Schaden erlitten", betont der WKO-Chef.

Einbruch bei Ausfuhren

Rund 1.200 österreichische Firmen, darunter 550 mit eigenen Niederlassungen, lieferten im Vorjahr vor allem Maschinen, Anlagen und Medizinprodukte im Umfang von 3,1 Milliarden Euro nach Russland. Heuer sind die Exporte Leitl zufolge um 40 Prozent zurückgegangen.

So richtig Krisenstimmung aufzukommen scheint deswegen aber nicht. Zu den betroffenen Unternehmen zählt etwa der Verpackungshersteller Constantia Flexibles. "Die Sanktionen haben sicher Auswirkungen auf unsere Geschäftsbeziehungen mit russischen Partnern", sagt Konzernsprecher Daniel Smith. "Doch da wir auch lokal produzieren, sind wir dennoch gut aufgestellt."

Generell werden in Österreich moderate Töne angeschlagen, geht es um die Beziehungen zu Russland. Aus der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich heißt es, dass die Verlängerung der Sanktionen ein politisches Thema sei. "Dass die Sanktionen der europäischen Wirtschaft, insbesondere jenen Unternehmen, die in Russland aktiv sind, nicht nutzen, steht außer Frage", so ein Sprecher der RLB.

"Sanktionen beenden"

Wirtschaftskammerpräsident Leitl bemüht sich jedenfalls zum Jahresende mit versöhnlichen Worten, eine Annäherung zwischen den Blöcken anzubahnen: "Es gibt ohnehin so viele Krisenherde auf der Welt, dass es ein Zusammenrücken aller erfordert. Die Realpolitik sollte sagen: Es ist Zeit, die Sanktionen zu beenden, weil man auf Gesprächs- und Verhandlungsbasis weiter kommt als mit Sanktionen."

Was Russland derzeit mehr zu schaffen macht als die Sanktionen, ist der weiter fallende Rubelkurs aufgrund des Ölpreisverfalls. Zuletzt mussten mehr als 72 Rubel für einen Dollar gezahlt werden. (cr, kat, 30.12.2015)