Montreal – Der Onkel des ertrunkenen dreijährigen Flüchtlingskindes Aylan Kurdi ist mit seiner Familie in Kanada eingetroffen. Mohammed Kurdi wurde mit seiner Frau und seinen fünf Kindern am Montag am Flughafen in Vancouver begeistert empfangen. Seine Schwester Tima, die seit 1992 in Kanada lebt, hatte sich für die Übersiedlung der Familie eingesetzt.

Die Bilder des ertrunkenen Buben auf einem türkischen Strand waren im September um die Welt gegangen und hatten eine Welle der Empörung und der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Sein Vater Abdullah entschied sich nach dem Unglück, nicht nach Kanada auszuwandern. Er lebt heute im Nordirak in Erbil.

Tima Kurdi bedankte sich am Montag in einer emotionalen Rede bei Premierminister Justin Trudeau und beim kanadischen Volk dafür, die Türen geöffnet zu haben. Dies zeige, dass es immer Hoffnung gebe. Abdullah Kurdi hatte vergangene Woche die Welt aufgerufen, Syrer aufzunehmen.

Die Familie Kurdi hatte vor Monaten die Einreise nach Kanada beantragt, die aber zunächst als unvollständig zurückgewiesen wurde. Daraufhin hatte Aylans Vater Abdullah versucht, mit seiner Familie in einem kleinen Boot von der Türkei aus Griechenland zu erreichen. Neben Aylan starben bei der Überfahrt auch sein Bruder und seine Mutter. Nur der Vater überlebte.

Nach der Tragödie waren die kanadischen Behörden dafür kritisiert worden, einen Asylantrag von Aylans Familie abgelehnt zu haben. Diese bestritten allerdings, einen solchen Antrag erhalten zu haben. Tima Kurdi räumte dann ein, dass sie nur für die Familie ihres Bruders Mohammed gebürgt habe, mangels Geld aber nicht auch für die ihres anderen Bruders Abdullah.

Die seit Anfang November amtierende liberale kanadische Regierung hat eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik vorgenommen. Sie kündigte an, noch bis Jahresende 10.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Aufgrund organisatorischer Probleme musste sie dieses Ziel allerdings verschieben. Bis Ende Februar sollen 25.000 syrische Flüchtlinge in Kanada aufgenommen werden. Die meisten von ihnen haben Privatleute oder Wohltätigkeitsorganisationen als Paten. (APA, 29.12.2015)