Paris/Wien – Es ist die älteste Grabstätte des Südpazifiks, die 2004 auf der Insel Efate entdeckt wurde. Auf dem Eiland, das zum Pazifikstaat Vanuatu und damit zu Melanesien gehört, fand man die Überreste von mehr als 60 Toten. Zudem konnten Tongefäße geborgen werden, die auf ein Alter von 3000 Jahren geschätzt wurden – die ältesten bekannten Artefakte der sogenannten Lapita-Kultur.
Die Vertreter dieser rätselhaften Kultur werden zu den Austronesiern gezählt – ein Begriff, den der österreichische Ethnologe Wilhelm Schmidt (1868– 1954) erfand und prägte. Schmidt hatte mit der Bezeichnung, die sich aus dem lateinischen Wörtern für "Südwind" und "Insel" zusammensetzt, aber nichts Österreichisches im Sinn. Gemeint waren damit sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeiten der Inselbewohner insbesondere im Südpazifik, die vermutlich vor rund 6000 Jahren von Südostasien her besiedelt wurden.
Einige Fragen rund um diese Besiedlung sind nach wie vor offen – wie etwa die Herkunft der Polynesier, also der Bewohner der östlichen Inseln, zu denen jene von Hawaiis ebenso gehören wie die von Samoa.
Vor einer dieser Fragen standen auch schon die Entdecker des 17. Jahrhunderts, denn die Polynesier weisen auffällige physische Ähnlichkeiten mit Südostasiaten auf, während die Melanesier, die zwischen Asien und Polynesien leben, deutlich anders aussehen.
Schädelformen liefern Hinweis
Forscher um Frédérique Valentin (CNRS in Nanterre) können dieses Rätsel nun mithilfe der Funde der melanesischen Grabstätte beantworten. Wie sie im Fachblatt "PNAS" berichten, lassen die Schädelformen darauf schließen, dass die Vertreter der Lapita-Kultur vor mehr als 3000 Jahren tatsächlich das Verbindungsglied zwischen Asien und Polynesien darstellten. Vermutlich haben sie Polynesien bereits früh besiedelt und so wesentliche genetische Beiträge zu den heutigen Polynesiern geleistet.
In Melanesien hingegen setzten sich später andere Kulturen durch, während Polynesien danach fast 2000 Jahre isoliert blieb. (Klaus Taschwer, 28.12.2015)