Beirut/Moskau – Die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat in Syrien die Kontrolle über einen strategisch wichtigen Staudamm verloren. Eine Allianz aus Kurden und arabischen Rebellengruppen meldete am Wochenende die Einnahme des Bauwerks am Euphrat. Damit sei einer der wichtigsten Versorgungswege zwischen den IS-Gebieten in Syrien unterbrochen, erklärte ein Oberst des von den USA unterstützten Anti-IS-Bündnisses. Während der Druck auf den IS auch im Irak zunahm, verbreitete die Gruppe Siegeszuversicht: "Unserem Staat geht es gut", hieß es in einer über Twitter verbreiteten Tonaufnahme, die IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi zugeschrieben wird. Der IS werde durch den Krieg nur reiner und stärker. Die Echtheit der Aufnahme konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. Bagdadi war bereits mehrfach für tot erklärt worden.

Verstärkt unter Druck

Die Einnahme des Tischrin-Staudamms helfe, die IS-Hochburgen in der Region Aleppo von der faktischen IS-Hauptstadt Rakka östlich des Euphrat zu isolieren, erklärte Oberst Talal Selo von der Anti-IS-Allianz. Bombardements der US-geführten Koalition hätten die Geländegewinne mit ermöglicht. Der IS hat weite Teile des Landes sowie des benachbarten Irak unter seine Kontrolle gebracht, ist aber in den vergangenen Wochen verstärkt unter Druck geraten. Auch im Irak gab es zuletzt Berichte über Erfolge im Kampf gegen den IS.

In der syrischen Hauptstadt Damaskus wurde unterdessen eine von den Vereinten Nationen (UN) unterstützte Vereinbarung über den Abzug von mehr als 2000 IS-Kämpfern vorerst ausgesetzt. Grund dafür sei die Tötung von Rebellenchef Sahran Allusch, durch dessen Gebiet die IS-Anhänger aus Damaskus in ihre Hochburg Rakka gebracht werden sollten, verlautete aus Verhandlungskreisen. Vonseiten der Rebellen hieß es, Allusch sei durch russische Raketen getötet worden.

Das mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad verbündete Russland fliegt seit einiger Zeit Luftangriffe in Syrien. Die Luftwaffe wies Vorwürfe von Amnesty International zurück, dabei Hunderte Zivilisten getötet zu haben. Russische Flugzeuge hätten niemals zivile Ziele in Syrien ins Visier genommen, betonte der Luftwaffen-Chef im Fernsehen.

Syrien-Konferenz in vier Wochen

Die UN luden für den 25. Januar zu einer Syrien-Konferenz in Genf ein. "Die Menschen in Syrien haben genug gelitten", sagte der UN-Beauftragte Staffan de Mistura und appellierte an die Verhandlungsbereitschaft aller Seiten. Der Bürgerkrieg in Syrien hat rund 300.000 Menschen das Leben gekostet und zahllose weitere in die Flucht getrieben – auch in die benachbarte Türkei oder über das Nato-Land weiter nach Europa.

Unterdessen brach in Deutschland Streit darüber aus, ob für den von der Nato am 18. Dezember beschlossenen zusätzlichen Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen ein Bundestagsmandat nötig ist. Linksfraktions-Chef Dietmar Bartsch nannte es inakzeptabel, dass die Regierung ihrer Aufklärungspflicht "nur mit einem dürren Schreiben" nachgekommen sei. Es seien präzise Angaben über Auftrag, Anzahl der deutschen Soldaten und Flugzeuge nötig, sagte er der Funke-Mediengruppe. Davon hänge ab, ob ein Bundestagsmandat nötig werde. Auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses ließ offen, ob ein Mandat nötig ist. Der Ausschuss habe den Einsatz noch gar nicht diskutieren und prüfen können, sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich der Mediengruppe. Daher sei dies noch nicht geklärt. Laut "Bild am Sonntag" schrieb die Regierung an das Parlament, ein Mandat sei nicht erforderlich, weil der Einsatz von Waffengewalt derzeit nicht zu erwarten sei.

Einen Termin für die Verlegung der Flugzeuge vom Stützpunkt Geilenkirchen auf den türkischen Einsatzflugplatz Konya steht nach Angaben aus dem Bundesverteidigungsministerium noch nicht fest. Die Besatzungen der Maschinen werden von verschiedenen Nato-Mitgliedsländern gestellt, darunter Deutschland. (APA, 27.12.2015)