So gut wie alle tun es, auch im Fernsehen: Weihnachten feiern. Nicht allzu oft geht es um trautes Familienglück, Harmonie und Frieden auf Erden. Wesentlich öfter legt das Fest den Blick auf menschliche Abgründe frei. Das kann absurd, todtraurig oder echt sein. Aber egal, wie – die Weihnachtsfolgen in Serien sind immer etwas ganz Besonderes, ja geradezu Unvergessliches. Die Lieblingsfolgen der TV-Experten des STANDARD.

"Hör mal, wer da hämmert": Männerbad
Die Klospülung gehört auch in der Weihnachtsfolge dieser 90er-Jahre-Serie zur Signation. Heimwerkerkönig Tim Taylor baut nämlich das ultimative Männerbadezimmer. Zu Strauss’ Und also sprach Zarathustra zeigt es seine Pracht. Es verfügt neben gefüllten Kühlschränken auch über ein gemütliches Klosett von Le Clobusier (sic!).
Tims exorbitantes Basteltalent macht auch vor dem familiären Christmas-Shooting nicht Halt: eine Wohnzimmerschneekanone hält Einzug. Am schönsten aber sind die Sätze von Ehefrau Jill: "Was auch immer du vorhast, du kannst es vergessen." (afze)

Hör mal, wer da Hämmert Ganze Folgen - 1

"Mein cooler Onkel Charlie": Rentierdrama
Jeder Glaube und Aberglaube hat seine Rituale, also auch Weihnachten. Bei Harpers am Strand von Malibu, dort, wo dem Hausherrn Schnaps und Lebensmenscheninnen für eine Nacht nie ausgehen, gilt das ebenso. Doch selbst Charlie macht Zugeständnisse ans Fest, setzt Weihnachtsmütze auf lässt am Klavier die Bells jinglen, bis Alans Freundin Sandy bemerkt, dass die Rentiere Donna und Blitzen vor Santas Schlitten vertauscht wurden und auszuckt.
Ein Sinnbild für die dünne Decke der Harmonie, die über Weihnachten liegt wie trüber Nebel über einem dunklen Tal. (flu)

diter soundso

"Beverly Hills 90210": Alles wird gut
Davor hatte Cindy Walsh sich gefürchtet: sommerliche Temperaturen und ein toter Baum. Keine Weihnachtsstimmung. Nichts war wie daheim in Minnesota. Aber auch in Beverly Hills ist der Weihnachtstag am Ende ein Guter. Freilich, manches läuft anders als geplant. Steves Mutter tot, Dylans Vater im Gefängnis. Aber Dylan hat die Walshs, hat Brenda. Und Steve mag eh niemand.
Weihnachtsspecials sind tricky. Aber gute Serien bleiben vermutlich auch in dieser Disziplin gut. Und Beverly Hills 90210 ist immer Beverly Hills 90210 geblieben. Zumindest bis Brenda ging. (jmy)

Foto: Fox

"Game of Thrones": Schmelzen mit Jon Snow
Weihnachten gibt’s zwar nicht in Westeros, aber für mich sind fast alle Game of Thrones-Folgen Weihnachtsfolgen. Das liegt am Schnee. Und an Jon Snow.
Jedesmal wenn der Jüngling mit den schwarzen Locken ängstlich aus seinem schwarzen Fellmantel in die verschneite Landschaft hinter oder vor der großen Mauer schaut, ist das weihnachtlich. Er hat rote Bäckchen, und im Hintergrund knistert ein Kaminfeuer vor dem Herren und Damen in Pelzen und langen Roben zumeist finstere Pläne schmieden. Währenddessen verfangen sich Scheeflocken im Haar und ich schmelze. (mka)

Balerion The Dread

"Six Feet Under" oder das Schlimmste zum Fest
Während sich der vagabundierende Sohnemann Nate mit einer Unbekannten am Flughafenklo vergnügt, Tochter Claire nicht nur Feinstaub inhaliert und Gattin Ruth das Festtagsessen schaukelt, stirbt Bestattungsunternehmer Nathaniel Fisher bei einem Unfall in seinem Leichenwagen: Gekonnter lassen sich in einer ersten Folge Charaktere einer Serie nicht mehr einführen.
Schon gar nicht, weil die Familie eigentlich zusammenkommen wollte, um Gräben zu schließen. Dass die Tragödie zu Weihnachten passiert, ist kein Zufall. So schön kann düster sein! (omark)

SurprisingEagle

"Malcolm mittendrin": Festtagsdekonstruktion
Im Rahmen von Malcolm in the Middle kam es in der dritten Staffel zu einem Highlight im Leben dieser ewig gültigen Innenschau einer dysfunktionalen Familie.
Statt Engelein fliegen Christbaumkugeln, Mutter Lois greift zu einer radikalen Maßnahme und droht Weihnachten zu streichen. Ähnlich rabiat läuft es andernorts bei Großmutter Ida und Francis ab. Was folgt, ist die totale Eskalation und gänzliche Dekonstruktion von Weihnachten, was darin gipfelt, dass die Oma ihrem Enkel eine Stricknadel in den Oberschenkel jagt. Ein Fest, bei dem irgendwann alle plärren. Yes, no, maybe. (prie)

Comedy Central UK

"Dr. Who": Danke, ganz lieb!
Die einzigen, die sich serientechnisch wirklich auf Weihnachten zu freuen können, sind die Briten. Weil die haben BBC. Ja, genau, den Sender, den die Inselbewohner mit Gebühren bezahlen. Und der schaut auf seine Zuseher. Zu Weihnachten ganz besonders.
Seit es Dr. Who gibt, gibt es eine Weihnachtsfolge. Die ist nicht immer ursuper, aber ein paar böse Schneemänner, Weeping Angels oder Daleks haben noch jeden faden Christtag zum Strahlen gebracht. Apropos: Liebes Christkind, kann bitte David Tennant wieder den Doktor spielen. Danke, ganz lieb! (roda)

BBC

"South Park": Possierlicher Antichrist
Die Animationsserie South Park ist für ihre derbe Storyline bekannt, wieso also Weihnachten damit aufhören? In der achten Staffel darf der jüdische Bursche possierlichen Waldbewohnern helfen, die Weihnachtsvorbereitungen abzuschließen – ein Berglöwe muss getötet werden, damit die Tierchen feiern können. Eines führt zum anderen, und am Ende hat das Stachelschwein – absolut absehbar – den Antichristen zur Welt gebracht.
Und wie in jeder South Park Folge steckt eine Lektion hinter der Geschichte – manchmal weiß man nur nicht welche. (sc)
Die Folge gibt's hier zum Nachschauen.

Foto: Comedy Central

"King of Queens": Endlos streiten
Weihnachten ist das Fest des Friedens. Das ist die Theorie. Bei den Heffernans im New Yorker Stadtteil Queens wurde dem alljährlich die Praxis einer Familie entgegengehalten, die das genaue Gegenteil verkündet. Das streitlustige Trio Doug, Carrie und "grumpy old man" Arthur läuft gerade zum Fest der Feste zur Höchstform auf. Familie bedeutet endlosen Streit.
Herausragend der Disput zwischen Arthur und Doug in Sachen des Chipmunks-Weihnachtslieds im Autoradio. Chipmunk Alwin verpasst den Einsatz, Arthur gerät darüber in Rage. Danach folgt eine Autopanne. (schach)

ArthurSpoonerFan

"Die Simpsons" und das Fernsehhäme-Paradoxon
Für arme Familien geschieht zu Weihnachten immer ein Wunder, weiß Bart Simpson aus dem Fernsehen. Doch Vater Homers Weihnachtsbonus nähten sich seine Chefs ein, sodass er in der ersten 20-Minuten-Episode der Serie (1989!) sogar den Christbaum aus dem Wald klauen muss. Von Geschenken ganz zu schweigen.
Weil auch fernsehkritisches Fernsehen immer noch Fernsehen ist, passiert den Simpsons dann mit Hund Santa’s Little Helper als Überraschungsgeschenk (bitte nicht nachmachen) doch noch ein kleines Wunder. (sefe)

Mehr über Weihnachtsfolgen in Serien gibt's im Blog Serienreif: Was Magnum, Malcolm, Brenda und Jon Snow mit Weihnachten zu tun haben. Lasst uns darüber reden.

Foto: Fox