Helmut Elsner am Gericht am Montag.

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Wien – Gambit nennt man in der Eröffnungsphase eines Schachspiels ein Bauernopfer – von dem man sich Vorteile verspricht. Gambit heißt auch jene Privatstiftung, in der die Pensionsabfindung von Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner geparkt ist – umgerechnet mehr als fünf Millionen Euro bekam er 2010. Geld, das die Bank plus Kosten und Zinsen zurückhaben will, da sie davon überzeugt ist, dass Elsner es betrügerisch erlangt hat.

Der 80-jährige Angeklagte bekennt sich "selbstverständlich nicht schuldig". Dass er von der Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche überzeugt ist, zeigt sich schon bei der Überprüfung seiner Generalien durch Christian Böhm, den Vorsitzenden des Schöffensenats.

"Vermögen?", fragt Böhm Elsner, nachdem der auf den Anklagestuhl geschlurft ist. "Das ist in der Gambit-Privatstiftung. Derzeit gesperrt", sagt der Pensionist. "Schulden?", lautet die nächste Frage. "Laut Oberstem Gerichtshof muss ich der Bawag zehn Millionen Euro plus Zinsen zahlen."

Kein Grund für neuen Prozess

Staatsanwalt gibt es in diesem Verfahren im Großen Schwurgerichtssaal keinen. Denn Elsner wurde im ersten Bawag-Verfahren bereits wegen Untreue rechtskräftig zur Höchststrafe von zehn Jahren Haft verurteilt. Der ebenfalls verhängte Betrug wurde von der Berufungsinstanz dagegen aufgehoben. Da mehr als die Höchststrafe nicht möglich ist, sah die Anklagebehörde keinen Grund für einen neuen Prozess.

Nicht so die Bawag, die daher als Privatbeteiligte eine sogenannte Subsidiaranklage eingebracht hat und damit quasi selbst als Staatsanwalt agiert.

Für den Rechtsvertreter der Bank ist die Sache recht klar, wie er in seinem Eröffnungsplädoyer ausführt. Da aufgrund einer Reform auf Betriebspensionen höhere Steuern fällig wurden, wollte Elsner vom Bawag-Aufsichtsrat eine Abfindung. Auf die er laut Dienstvertrag aber keinen Rechtsanspruch hatte.

Abfindung für Elsners Lebenswerk

Der Aufsichtsrat genehmigte sie dennoch, auch wegen des für das Unternehmen geleisteten Lebenswerks Elsners. Nur: Die Malversationen, wegen denen er verurteilt wurde, hatten zu diesem Zeitpunkt schon stattgefunden, ist der Anwalt überzeugt. Und hätte das Aufsichtsgremium das gewusst, wäre das Geld natürlich nie geflossen.

Als Indiz dafür, dass es plötzlich schnell gehen musste, führt der Bawag-Vertreter auch an, dass das Geld in die Gambit-Stiftung floss, die "in sehr, sehr kurzer Zeit durchgeboxt" worden sei. So rasch, dass sogar der Name eines Vorstands falsch geschrieben wurde.

Auf weitere Punkte der Anklage geht er dann nicht mehr ein, um Elsner zu schonen. Der ist schwer herzkrank und wurde nicht nur von seiner Ehefrau, sondern auch von einem Arzt begleitet. Einen weiteren Mediziner hat das Gericht beigeholt.

Keine Smoking Gun

Trotzdem führt Elsners Verteidiger Andreas Stranzinger mehr aus. "Was ich mir erwartet hätte, ist, dass eine Smoking Gun vorgelegt wird", beginnt er. "Dass geklärt wird, wo das Geld ist." Denn der Oberste Gerichtshof habe damals festgestellt, dass es entscheidend sei, ob zum Zeitpunkt des Aufsichtsratsbeschlusses überhaupt ein Verlust aus riskanten Investments vorgelegen sei.

Für ihn gibt es genügend Indizien dafür, wo das Geld sei, verfolgt er die alte Verteidigungslinie Elsners weiter: beim ehemaligen Geschäftspartner Wolfgang Flöttl. Nur: Der wurde im zweiten Bawag-Prozess rechtskräftig freigesprochen.

Stranzinger zitiert dennoch aus Akten, dass Wertpapiere nach dem Aufsichtsratsbeschluss noch verkauft worden seien. Und überhaupt gehe es auch um die Frage, wann sein Mandant davon erfahren habe. Der sei daher – richtig – ein Bauernopfer.

"Es wurde schon viel gesagt"

Vorsitzender Böhm, der schon den zweiten Bawag-Prozess geleitet hat, gibt sich zu Beginn keinen Illusionen hin: "Fortsetzungen werden in der Regel nicht spannender, und es wurde schon sehr viel gesagt."

Als Elsner bei seiner Befragung seine bekannten Argumente wiederholt, unterbricht ihn Böhm daher: "Herr Elsner, wir reden aneinander vorbei." Es gehe lediglich um die Frage, ob er bei der Pensionsabfindung betrogen habe, was der Angeklagte bestreitet.

Am Abend fiel das Urteil: Elsner ist vom Vorwurf des schweren Betrugs freigesprochen worden. Die BAWAG werde auf den Zivilrechtsweg verwiesen und müsse die Kosten des Verfahrens tragen, sagte Vorsitzender Böhm bei der Urteilsverkündung im Wiener Straflandesgericht. (Michael Möseneder, 21.12.2015)