Eine Tugend gibt es, die man Ungarns Premier Viktor Orbán nicht absprechen kann: Der Mann ist so verlässlich wie kaum ein anderer Politiker. Wann immer er in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen in Europa gesorgt hat, war es wegen irgendwelcher demokratiepolitisch bedenklicher Maßnahmen. Zuletzt im September war es Orbáns Kampf gegen die Flüchtlinge, der für Kritik und Entsetzen in der EU sorgte.

Nun schlägt eine an Skurrilität kaum zu überbietende Affäre Wellen. Die ungarische Telekom hat einem Sänger den Sponsoringvertrag gekündigt, weil dieser mit frauenfeindlichen Äußerungen aufgefallen war. Frauen sollen Kinder bekommen und nicht nach Lohngleichheit streben, findet der Popstar. Ungarns Regierung beschloss daraufhin Sanktionen. Der Magyar Telekom, einer Tochter der deutschen Telekom, sollen öffentliche Verträge gekündigt werden.

Hier wird ein Unternehmen bestraft, weil es gewagt hat, das Weltbild eines regierungsnahen Musikers zu kritisieren. Die Botschaft dahinter lautet: Wer in Ungarn aufmuckt, handelt sich Ärger mit der Regierung ein. Ein solcher Vorgang wäre in Österreich undenkbar.

Die Tragik dabei ist, dass die Mehrheit der Bürger im Land den Kurs Orbáns unterstützt oder gleichgültig zur Kenntnis nimmt. Im Rest Europas sollten sich NGOs, Gewerkschaften, Parteien und Unternehmen dringend überlegen, wie man Ungarns Zivilgesellschaft wiederbeleben kann. (András Szigetvari, 18.12.2015)